Jonas Gerding

freier Journalist, Kinshasa

1 Abo und 3 Abonnenten
Radio-Beitrag

Konfliktfreie Rohstoffe: Deutsches Know-how für den Aufschwung in Ruanda (WDR5)

Wird geladen ...

20 Jahre nach dem Völkermord herrscht in Ruanda Frieden – das Land erlebt einen starken wirtschaftlichen Aufschwung. Das Wachstum erreicht jährlich fast zehn Prozent, die Weltbank hat Ruanda nach Mauritius zum unternehmerfreundlichsten Land des Kontinents gekürt. Rohstoffe sind eine wichtige Einnahmequelle. Minenbetreiber müssen hohe Umwelt- und Arbeitsstandards erfüllen. Dennoch fürchten sie um ihre Existenz. Bis zum 2. Juni mussten US-Unternehmen und ihrer Zulieferer rund um den Globus belegen, dass sie keine blutigen Rohstoffe aus Konfliktregionen beziehen. In Ruanda ruhen die Hoffnungen der Bergwerke und ihrer Arbeiter nun auf dem Know-how deutscher Wissenschaftler, die neue Nachweissysteme aufbauen. Ein Bericht von Jonas Gerding.

Atmo: Steine werden zerhämmert; Plätschern des Wassers und Siebgeräusche

John Batura (Voice-Over): „Hier sieht man das Wolfram, das schwarze, das vom Quartz eingeschlossen ist. Man trennt es vom Quartz und behält das Wolfram.“
0.10 min

Sprecher: John Batura ist Abteilungsleiter in einer Mine im ostafrikanischen Ruanda. In Gifurwe, einem abgelegenen Ort im Norden des Landes, wird Wolfram gefördert – ein wertvolles Metall, das beim Bau von Computern oder Handys unverzichtbar ist. Schmale Schienen führen in das Innere eines Stollens. Zwei Bergleute schlagen hier das Erz aus der Wand. Es gelten strenge Auflagen für Umwelt- und Arbeitsschutz. Helm, Handschuhe und robuste Stiefel sind vorgeschrieben, ebenso geregelte Arbeitszeiten.
0.20 min

Atmo: Hämmern und Schlag eines Meißels gegen die Steinwand am Ende des Tunnels/ regelmäßiges Schnaufen des Arbeiters/

John Batura (Voice-Over): „Wir suchen nach Wolfram in der Ader des Stollens. Jede Stunde sind es zwischen 20 und 30 Kilo, die wir hier finden.“
0.15 min

Sprecher: So trägt Gifurwe dazu bei, dass Ruanda ein stabiles Wirtschaftswachstum erlebt. 20 Jahre nach dem Völkermord, bei dem 800.000 Menschen ihr Leben verloren, herrscht Frieden. Ganz anders das Bild im Kongo. In dem nur 30 Kilometer entfernten Land wütet ein Bürgerkrieg. Dort kontrollieren Rebellen viele der Minen, die neben Wolfram auch Gold oder Zinn abbauen. Die Uno hat in den Bergwerken schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. So berichtet sie in diesem Jahr von:
0.22 min

Atmo und zweiter Sprecher: Klackern einer Tastatur
… unter anderem der Rekrutierung und dem Einsatz von Kindersoldaten, Massenhinrichtungen und sexueller Gewalt .... 0.07 min

Die USA wollen den Handel mit den sogenannten blutigen Rohstoffen stoppen. Dodd-Frank-Act heißt das entsprechende Gesetz. Bis zum 2. Juni mussten börsennotierte Unternehmen nachweisen, dass ihre gesamte Lieferkette sauber ist. Es sind also auch Zulieferer in Europa betroffen. Die Folgen machen auch Ruanda zu schaffen. Biryabarema Michael, Leiter der Bergbauaufsicht des Landes:
0.20 min

Biryabarema Michael (Voice-Over): „Es mag verwundern. Gifurwe ist eine Mine, deren Rohstoffe vollständig zurückzuverfolgen sind. Aber einige der österreichischen Partner kaufen nicht mehr in der alten Mine ein.“
0.10

Sprecher: Aus Angst vor hohen Strafen verzichten viele Elektronikhersteller in Amerika und Europa deshalb völlig auf Rohstoffe aus Afrika. Die Minenbetreiber in Ruanda, die sauber arbeiten, fürchten um ihre Zukunft. Zertifizierungen sollen verhindern, dass sie aus der Lieferkette ausgeschlossen werden. Eine große Hoffnung ruht dabei auf Technik aus Deutschland. Philip Schütte ist Geologe bei der Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe. Er hilft dabei, das Zertifizierungssystem aufzubauen – ähnlich, wie bei Fair-Trade-Produkten.
0.23 min

Philip Schütte: „Man wird basierend auf diesem Pilotprojekt natürlich nicht die Gesamtproblematik des Konflikts lösen können. Aber was wir machen, ist, dass wir zeigen, dass es verantwortlich produzierte Mineralien in Ruanda gibt.“
0.10

Sprecher: Hunderte Minen haben Philip Schütte und sein Team in der Region abgeklappert, um Proben zu sammeln. Das Gestein ist an jedem Ort einzigartig – so lässt sich der analytischer Fingerabdruck erstellen.
0.09

Atmo: Hintergrundgeräusch Labor; Deckel einer der Proben poppt auf; Papier raschelt, Probe rauscht durch Messgerät; Klappern

Philip Schütte: „Diese Probe wird dann in einem Schleiflabor aufbereitet.

Atmo: Schleifen, Gurgeln der Maschine

Mit diesem Schliff haben wird dann die Basis für die chemische Analyse. Die beinhaltet zum einen den Scan mit einem Elektronenstrahlmikroskop.“
0.22 min

Sprecher: Die so gewonnenen Bilder der Gesteinsstruktur werden digital archiviert – ergänzt um Informationen über die Arbeitsbedingungen. Oft aber verlangen Abnehmer sogar noch weitere Prüfungen. Biryabarema Michael, Leiter der Bergbauaufsicht in Ruanda:
0.13 min

Biryabarema Michael (ebenfalls Voice-Over): „Ich sage Ihnen, wir sind verwirrt. Es scheint so, dass ständig jemand kommt und eine Mine kontrollieren möchte. Wir sind eine Art Labormaus geworden.“
0.08 min
Sprecher:
Der Mine in Gifurwe bescheinigt der Bergbauaufseher, dass sie alle nötigen Anstrengungen unternommen hat. Doch die Sorge bleibt.  
0.05

Biryabarema Michael (ebenfalls Voice-Over): „Es ist das erste Mal, dass die Zertifizierung und Nachverfolgung von Metallen in der Welt durchgeführt wird. Das ist eine sensible Angelegenheit. Denn das Überleben vieler Gemeinden hängt von diesen Mineralien ab.“
0.10

ca. 3.30