3 Abos und 0 Abonnenten
Artikel

Fünf Gründe für den Aufschwung bei Hertha BSC

Bild: imago images/Matthias Koch

Der Saisonstart war verkorkst, Hertha BSC rutschte sogar auf den letzten Tabellenplatz. Es folgte die Wende. Mit drei Siegen in Folge - zuletzt gegen Düsseldorf - haben sich die Berliner ins Mittelfeld vorgearbeitet. Fünf Gründe für den Positiv-Trend. Von Johannes Mohren

1. Der Mr. September, der auch Oktober kann

Er ist momentan der Mann für das Schöne bei Hertha BSC. Für die Momente, über die auf dem Weg nach Hause noch ein ganzes S-Bahn-Abteil schwärmen kann. Und das nun auch kalenderunabhängig. Neun Torbeteiligungen hatte Javairo Dilrosun vor dem Spiel gegen Düsseldorf für die Berliner (vier Treffer, fünf Assists). Allesamt gesammelt im September 2018 und 2019. Nun traf er auch im Oktober - am 4. Oktober zum 2:1 gegen die Rheinländer.

Dieses 'Mr. September'-Ding ist für mich jetzt durch: Ich möchte am liebsten in jedem Monat und in jedem Spiel treffen und Vorlagen geben.

Mit dem rechten - eigentlich schwachen - Fuß knallte der 21-jährige Niederländer den Ball kurz vor der Pause mit einem Dropkick ins Tor. Natürlich sehenswert. Dilrosun-like eben. "Dieses 'Mr. September'-Ding ist für mich jetzt durch: Ich möchte am liebsten in jedem Monat und in jedem Spiel treffen und Vorlagen geben", sagte er nach der Partie. Ein feiner Fußballer. Dribbelstark. Blitzschnell. Und mit dem Potenzial, Hertha BSC zunächst viele schöne Momente und womöglich in Zukunft einmal viel Geld einzubringen.

Gut für die Berliner ist, dass sie auch das Gegenstück zum Niederländer haben: Marius Wolf. Der 24-Jährige, den die Herthaner kurz vor Ablauf der Transferfrist aus Dortmund ausliehen, macht auf der rechten Seite offensiv Druck. Immer wieder rauschte er gegen die Fortuna mit viel Tempo in freie Räume. Immer wieder stellte er die Abwehr vor Schwierigkeiten. Das 1:1 bereitete er vor. Die Flügelzange Wolf/Dilrosun - aktuell ein Berliner Erfolgsrezept.

2. Der Plan von Ante Covic

Drei Punkte hatten sich die Herthaner gegen Düsseldorf vorgenommen. Das hatte oberste Priorität. Aber es war nicht alles. Trainer Ante Covic wollte die Fans auch mit einem attraktiven Auftritt begeistern. Hatten gegen Paderborn, als die erste Krise herannahte, nur die Punkte gezählt, ging es also auch darum, spielerische (Weiter-)Entwicklung zu demonstrieren. "Wir wissen, dass gegen Paderborn einige nach Hause gefahren sind und nicht unbedingt zufrieden mit dem waren, was auf dem Rasen geboten wurde. Da passte nur das Ergebnis", sagte er - und fügte ebenso offen hinzu: "In den letzten Wochen haben wir genug gelitten, was fußballerische Elemente betrifft. Ich glaube, dass wir uns stetig steigern."

Gegen Düsseldorf war das auf jeden Fall so. Es war eine Menge von dem zu sehen, was man sich bei den Berlinern vom neuen - deutlich offensiveren - Covic-Fußball verspricht. Dementsprechend glücklich wirkte der 44-Jährige. "Viele Momente haben mir gefallen", sagte er. Und begann dann mit einer ziemlich langen Aufzählung. Er lobte die Ruhe im eigenen Ballbesitz, die gefährlichen Momente, die seine Mannschaft aus diesem heraus entwickelt habe - und: "Wir haben gezeigt, dass wir in der Lage sind, gut mit der Murmel umzugehen und daraus schöne Tore zu kreieren. Das freut mich."

3. Der Glaube an den Sieg

Wenn's läuft, dann läuft's. Eine platte Floskel. Aber eben irgendwie doch wahr. Selbst durch das 0:1 ließen sich die Berliner gegen Düsseldorf nicht verunsichern. Anders als noch vor einigen Wochen beim ersten Heimspiel gegen Wolfsburg, als sie auch sehr stark begannen - dann aber nach dem Rückstand deutlich mit 0:3 verloren. "Wir haben uns nicht beirren lassen, haben weiter gespielt und gute Mentalität gezeigt", sagte Innenverteidiger Niklas Stark.

Es sind Aussagen, die von einem gewachsenen Selbstbewusstsein zeugen. "Jeder auf dem Platz hat den Glauben an sich gehabt, das Spiel zu drehen. Das nötige Selbstverständnis war da", betonte auch Covic. Es ist die Positiv-Serie, die die Brust hat breiter werden lassen. Aber auch in der schwierigen Phase zuvor sei das Team gewachsen, sagt der Trainer: "Wir waren gezwungen, das Spiel gegen Paderborn zu gewinnen. Wir wissen, was es heißt, zu müssen. Und ich glaube, da gehen wir stärker daraus hervor."

4. Die Rückkehr des alten Mannes

Er war schon (fast) abgeschrieben. Mal wieder. Vedad Ibisevic, der alte Mann. Seit Jahren sägen Jüngere - allen voran der auserkorene Nachfolger Davie Selke - an seinem Stürmer-Thron. Und der wackelt ab und an tatsächlich bedenklich. Auch in dieser Saison rutschte der 35-Jährige nach den ersten sieglosen Spielen aus der Startelf.

Doch nur für kurze Zeit. Auf seinen triumphalen Joker-Einsatz gegen Köln - drei Ballkontakte reichten nach der Einwechslung für zwei Tore - folgte die Rückkehr in die Anfangsformation gegen Düsseldorf. Ibisevic nutzte das für weitere Werbung in eigener Sache. Nach 37 Minuten erzielte er das 1:1 - und das mit genau der Abgezocktheit, die er seinen Mitbewerbern um den Platz im Sturmzentrum immer noch voraus hat.

"Es kann schon vorkommen, dass ein alter Mann auf der Bank sitzt", hatte der Bosnier selbst nach dem Köln-Spiel gesagt - und: "Deshalb kann ich mit meiner Situation gut leben und genieße einfach jede Sekunde, in der ich spielen darf." Das dürften - bei aller Genügsamkeit in der Rolle des Einwechselspielers - in Zukunft so einige sein. Denn Mitte 30 hin oder her: Ibisevic hat mit drei Toren aus den vergangenen zwei Spielen großen Anteil am Aufschwung - und arbeitet erneut daran, sich unverzichtbar zu machen. Eigentlich alles wie immer

5. Die Bank und ihre Qualität

Ante Covic kann nachlegen - und das mit sichtbarem Erfolg. "Die Qualität, die von der Bank kommt, hat zuletzt zwei Mal den Unterschied gemacht", sagte der Hertha-Coach. Der 44-Jährige lobte die Mentalität der Einwechselspieler: "Die Jungs, die reinkommen, spielen nie beleidigte Leberwurst. Es ist für mich entscheidend." Glänzte gegen Köln Ibisevic als Joker, so war es gegen Düsseldorf Dodi Lukebakio. Der 22-jährige Neuzugang - ins Spiel gekommen für Dilrosun - hatte sich gegen seinen Ex-Verein viel vorgenommen. Unübersehbar.

"Der wollte echt was zeigen. Der hat jeden Ball erst einmal zwei Meter nach vorne mitgenommen und ist hinterhergesprintet", sagte auch sein Mannschaftskollege Niklas Stark. Beim spielentscheidenden 3:1 hatte Lukebakio - nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung - seinen großen Moment: Bei einem Konter sprintete er unaufhaltsam durchs Düsseldorfer Mittelfeld, spielte dann den perfekt getimten Pass auf Vladimir Darida und der verwandelte.

Zum Original