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Stimmen aus Russland: "Ich bin jung und schön und möchte nicht an diesem Krieg teilnehmen"

Wie die Menschen in Russland zum Krieg stehen, ist schwer herauszufinden, echte Meinungsumfragen gibt es nicht. Wir haben mit sechs russischen Menschen direkt gesprochen.


Der Krieg gegen die Ukraine verändert auch den Alltag in Russland. Die Preise steigen und vor allem ist es sehr gefährlich geworden, öffentlich seine Meinung zu sagen. Wir haben mit sechs russischen Menschen gesprochen, die davon erzählen. Die vollständigen Namen publizieren wir nicht, sie sind der Redaktion aber bekannt.


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"Ich möchte nach Österreich"

Nikolaj, 17, Moskau

Ich bin jung und schön und ich möchte nicht an diesem Krieg teilnehmen.

Die Lehrerinnen und Lehrern an meiner Schule reden nicht über den Krieg, aber meine Mitschüler sind fast alle dagegen. Nur ein Freund ist auf der staatlichen Linie und behauptet, das Gebiet der Ukraine gehöre historisch zu Russland und in der Ukraine hätten sogenannte Banderowzy, also Nationalisten, das Sagen.

Ich finde es schlimm, wenn ein Land ein anderes überfällt und es deswegen mehr Nationalismus gibt. Viele in meinem Freundeskreis sehen das auch so und wollen ihre Position in den sozialen Netzwerken posten. Doch das neue Zensurgesetz, nach dem bis zu 15 Jahre Haftstrafe drohen, hält viele davon ab. Viele löschen jetzt kritische Inhalte von ihren Accounts.

Junge Menschen sprechen viel davon, dass das Kriegsrecht verhängt werden könnte und dass man zur Armee eingezogen werden könnte. Gestern hat Putin noch gesagt, junge Leute würden nicht in die Ukraine geschickt, heute gibt das Verteidigungsministerium bekannt, dass auch junge Menschen in der Ukraine kämpfen.

Die Folgen dieses Krieges spürt man zunehmend im Alltag. Eine Packung Buchweizen zum Beispiel, ein beliebtes Grundnahrungsmittel bei uns, kostete bis vor Kurzem 70 bis 80 Rubel im Supermarkt. Jetzt sind es 200 bis 300 Rubel.

Ich möchte nach Österreich, um etwas Künstlerisches zu studieren, was es in Russland nicht gibt. Aber natürlich kann ich da nicht so einfach hin. Meine Eltern setzen sich gerade dafür ein, dass ich ein Visum bekomme. Durch ihre Arbeit im künstlerischen Bereich haben sie Kontakte nach Griechenland, vielleicht kann ich dann von dort aus nach Österreich.


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