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Galileo: „Doppelherz" schlägt in Oberpfaffenhofen

Oberpfaffenhofen - Über Jahre war nicht klar, ob und wann das europäische Satellitennavigationssystem Wirklichkeit wird. Jetzt meldet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Vollzug. Kommende Woche starten die ersten operativen Satelliten ins All.

Hat nie daran gezweifelt, dass Galileo kommt. Walter Päffgen ist Geschäftsführer des Galileo-Kontrollzentrums in Oberpfaffenhofen, das künftig die Satelliten überwachen und steuern wird. foto: jvr

Die Wissenschaftler und Ingenieure in Oberpfaffenhofen sind überglücklich: „Die Aufregung weicht der Begeisterung", sagt Walter Päffgen, Geschäftsführer der DLR Gesellschaft für Raumfahrtanwendungen - ein Unternehmen des DLR - , das das Galileo-Kontrollzentrums in Oberpfaffenhofen im Auftrag der ESA betreibt. Denn am kommenden Donnerstag geht es endlich los: Eine russische Sojus-Rakete wird vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana die ersten beiden Galileo-Satelliten in eine Höhe von 23 000 Kilometer befördern.

Für Päffgen und sein 50-köpfiges Team endet dann eine lange Durststrecke. Denn nach den ursprünglichen Plänen der Europäischen Weltraumorganisation ESA sollten die ersten Satelliten längst im All sein. Bekanntlich hatte sich das Konsortium, das den Galileo-Betrieb vor allem mit Geldern aus der Industrie stemmen sollte, 2008 zurückgezogen, weil die Kosten immer weiter nach oben korrigiert worden waren. Nach zähem Ringen erklärte sich schließlich die Europäische Union bereit, für Galileo aufzukommen. „Es war ein ständiges Bergauf und Bergab", blickt Päffgen zurück. Er selbst habe aber nie daran gezweifelt, dass Galileo komme. „Was man braucht, ist Durchhaltevermögen, ohne das würde man das Ganze gar nicht schaffen", sagt er.

Der Aufbau des Systems erfolgt laut Päffgen in mehreren Schritten. Den beiden Satelliten, die kommende Woche starten, folgen im August 2012 die nächsten zwei. Wenn diese im All sind, ist die erste Aufbaustufe erreicht. „Mit vier Satelliten kann man nachweisen, dass es funktioniert", erläutert Päffgen. Bis Ende 2014 sollen dann 18 Satelliten im All sein. Dann können bereits die ersten drei Galileo-Services angeboten werden: der so genannte Offene Service für Privatnutzer (fürs Navi im Auto), ein „hoheitlicher Service" für Polizei und andere Einsatzkräfte sowie ein „Search and Rescue"-Service für Such- und Rettungsdienste. Bis 2018 sollen dann alle 30 Satelliten im All sein.

Für den Aufbau und den Betrieb der ersten 18 Satelliten hat die EU-Kommission bislang 3,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. „Gut angelegtes Geld" findet der Geschäftsführer des Kontrollzentrums. „Jede eigene Wirtschaftsmacht hat ein eigenes System", sagt Päffgen auch mit Blick auf China, das ebenfalls ein Satellitennavigationssystem aufbaut. Russland und die USA verfügen bereits über entsprechende Systeme. Sich von diesen abhängig zu machen, könnte sich nach Meinung Päffgens nachteilig auf die Wirtschaft in Europa auswirken. „Man sollte Einfluss auf die Satellitennavigation haben können, denn viele Anwendungen bauen darauf auf", fordert der Experte.

In Oberpfaffenhofen werde künftig das Herz des Galileo-Systems schlagen, sagt Päffgen begeistert. Genau genommen sogar „ein Doppelherz", denn man teile sich die Aufgaben mit dem Partnerkontrollzentrum im italienischen Fucino. Primär ist Oberpfaffenhofen nach Auskunft des Geschäftsführers für die Überwachung und die Steuerung der Satelliten zuständig: „Wir geben den Satelliten regelmäßig Anweisungen und können sofort eingreifen, wenn etwas nicht in Ordnung ist."

Jörg von Rohland

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