Jasper Morrison hat schon fast alles gestaltet, von der Straßenbahn bis zum Telefon. Bei den German Design Awards ist er nun als "Person des Jahres" geehrt worden. Hier erklärt er, warum seine Zunft bescheidener sein sollte.
SPIEGEL: Jasper Morrison, spielte Design in Ihrer Kindheit eine Rolle?
Jasper Morrison: Am ehesten bei meinem Großvater, der für eine dänische Firma arbeitete und irgendwann auf deren Design aufmerksam wurde. Er hatte zwei Wohnzimmer. Eines in dem zu dieser Zeit ganz normalen antiken Stil, das andere richtete er nach seinen Vorstellungen ein: Holzboden, weiße Wände und Langflorteppiche, skandinavische Möbel, ein Plattenspieler von Dieter Rams. Das war aufregend, weil in den frühen Sechzigerjahren in England alle in klaustrophobischen, überpolsterten Räumen mit zu vielen Teppichen und Vorhängen wohnten.
SPIEGEL: Viele Wohnungen in England sehen heute noch so aus. Woran liegt das?
Morrison: Die Kultur der Engländer ist nicht besonders visuell. Engländer lesen lieber Bücher, halten Abendgesellschaften - das ist meine Theorie. Die Verfechter der Moderne, die aus Deutschland nach England kamen, blieben ja auch nicht besonders lange. Es gab für ihre Arbeit in England nicht genügend Kunden. Design war ein Nischenthema. Auch noch in den Achtzigern, als ich anfing.
SPIEGEL: Wie äußerte sich das?
Morrison: Wenn ich Leuten erzählte, dass ich Möbeldesigner bin, fragten sie nach meiner Werkstatt. Meine Berufsbezeichnung auf der Steuererklärung war Möbelrestaurator. Eine passendere gab es nicht.
SPIEGEL: Einen Teil Ihrer Ausbildung machten Sie in Deutschland, 1983 gingen Sie zum Studieren nach Berlin. Woran erinnern Sie sich?
Jasper Morrison wurde 1959 in London geboren. Er studierte Design am Royal College of Art in London und an der Universität der Künste in Berlin. Seit 1986 arbeitet er mit seinem Studio für Möbel- und Interior-Firmen wie Vitra, Alessi, Rosenthal und Muji. Morrison hat mehrere Bücher verfasst. Am bekanntesten ist das 2006 gemeinsam mit Naoto Fukasawa verfasste Manifest "Super Normal". Morrison ist vielfach ausgezeichnet worden - zuletzt mit dem "German Design Award" als "Personality Of The Year".
Morrison: Es war zunächst sehr eigenartig. Ich wechselte mitten im Jahr - und niemand war da, nur ein paar Tische! Zuvor, am Royal College of Art, hatte jeder Student einen Schreibtisch und erschien jeden Tag. Später waren auch die meisten meiner Projekte außerhalb des Campus. Ich erinnere mich, wie ich eines Tages in die Werkstatt ging, der Techniker mich anschaute und dann eine Bierdose mit den Zähnen öffnete. Das überforderte mich etwas. Aber es war eine wunderbare Zeit in Berlin. Ich bin durch die Stadt gelaufen, habe die Gebäude von Peter Behrens gesucht und die vielen Museen besichtigt. Einmal haben wir einen Ausflug mit dem VW Käfer in die Tschechoslowakei gemacht - ein ziemliches Abenteuer!
SPIEGEL: In Berlin hatten Sie 1988 auch Ihre erste große Ausstellung. Für "Some New Items For The Home Part I" kleideten Sie einen Raum komplett in Sperrholz und stellten eigene Möbelentwürfe hinein. Was war die Idee dahinter?
.... weiter auf:
Zum Original