Jens Hecht

freiberuflicher Musikproduzent, Sound Designer, Dozent & Autor, Berlin

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Test: Nunomo Qun Mk2 VA-Synthesizer - AMAZONA.de

Übersicht zum Nunomo Qun Mk2 Synthesizer

Qun Mk2 aus dem Hause Nunomo ist ein virtuell-analoger Synthesizer mit Granular- und Sample-Engine, einem Looper und Sequencer. Er besitzt 2 Oszillatoren, die aufgrund einer hohen Abtastrate kein Aliasing aufweisen. Im Dual-Mono-Modus sind 2 Stimmen und im Quad-Modus sogar 4 Stimmen möglich. Für jeden Oszillator stehen jeweils 4 FM-Operatoren zur Verfügung. Dazu beherrscht die kleine Kiste auch Wavefolding, was die ohnehin breite Klangpalette zusätzlich erweitert. Als Modulationsquellen bekommt man 4 Hüllkurvengeneratoren und 1 LFO, welche flexibel zuweisbar sind. Das Filter besteht aus einem 2- bzw. 4-Pol Multimodefilter. Auch Effekte sind mit an Bord: Delay, Chorus, Flanger und Bitcrusher. Am Ende der Kette steht noch ein Kompressor zur Verfügung. Es ist möglich, 48 Presets auf jeweils 8 Bänken zu speichern, wobei jedes Preset bis zu 64 Patterns beinhalten kann. Die Sound-Engine orientiert sich nicht an klassischen Synthesizern, sondern hat den Anspruch, eigen und modern zu klingen und verspricht eine niedrige Latenz. Per MIDI kann diese nach eigenen Wünschen konfiguriert werden. Außerdem lassen sich mehrere Quns für ein polyphones Setup verketten. Als Eingänge findet man MIDI In und Out und 2 Inputs, über die man externe Klangquellen einspeisen kann, die aber auch zur Verarbeitung von CV-Signalen gedacht sind. Hierzu benötigt man allerdings einen Abschwächer, da hierfür der Line In genutzt werden muss und somit nur Signale von 1 - 1,5 Volt verarbeitet werden können. Über MIDI lässt sich die Clock zu externen Geräten synchronisieren.

Der 8 bzw 16 Step-Sequencer ist auf 4 Seiten unterteilt und kann somit bis zu 64 Steps bewerkstelligen. Der Looper ist zum Sequencer synchronisiert, hat eine Aufnahmezeit von bis zu 25 Sekunden und bietet 3 Spuren mit 5 Szenen, was zu bis zu 15 Aufnahmen pro Session bringt. Ableton User werden hier wahrscheinlich hellhörig. Die Tempo-Range reicht übrigens von 70 bpm zu 170 bpm, lässt sich im Sequencer-Menü aber auch teilen und multiplizieren. Auch als reines Effektgerät lässt sich der Qun verwenden, die Oszillatoren werden hierbei ausgeschaltet.

Das 62-seitige Handbuch liegt als PDF-Datei vor und wird bei der Nutzung die erste Zeit sicherlich ein treuer Wegbegleiter sein. Wer kein Freund von ‚Menue Diving' ist wird sich mit dem Qun Mk2 wohl nur schwer anfreunden können. Zu seiner Verteidigung muss man aber sagen, dass das seiner Vielfältigkeit geschuldet ist und nach etwas Einarbeitungszeit lässt sich damit auch ganz gut arbeiten. Unterhalb der Oberfläche verbergen sich noch Touch-Slider und Knöpfchen für z. B. Reboot und Reset. Mit 150 mA benötigt der Qun wesentlich weniger Strom als andere USB-betriebene Synthesizer. Ein Telefonladekabel reicht hierfür aus.

Im Vergleich zur ersten Version des Qun sieht die Oberfläche durch das Panel wesentlich schicker aus und es gibt natürlich einige Funktionen wie z. B. SD-Karten-Support zum Speichern der Aufnahmen und Presets. Die Sound-Engine ist kompatibel seinem Vorgänger, dem Qun Mk1.

2 Oszillatoren (im Quad-Mode bis zu 4 Stimmen verfügbar) 4 FM-Operatoren Granular-Sampler Looper 1 Multimode-VCF (LP, BP, HP, Notch) 4 Hüllkurvengeneratoren 1 LFO Effekte: 3x Delay (Ping-Pong, Mono, Sync), 2x Chorus, 2x Flanger, Bitcrusher 1 Sequencer (bis zu 64 Steps) Mixer mit integriertem Kompressor und Stereopanning MIDI In/Out (3,5 mm Klinke) Audio In/Out (3,5 mm Klinke, Stereo) 2x USB-C-Eingänge Micro SD-Karten-Slot Der erste Eindruck zum Nunomo Qun Mk2

Der Qun ist sehr klein und sehr leicht. Ob man das als Vor- oder Nachteil nimmt, sei jedem selbst überlassen. Die Verarbeitung scheint mir ziemlich stabil zu sein. Der große Drehregler wirkt etwas zu groß, da er die Schrift darunter etwas versteckt, begrüße ich aber zur Handhabung. Für dynamische Bewegungen, wie beispielsweise an einem Filter-Cutoff, wirkt er etwas sehr leicht. Da er aber nur für die Navigation durch das Menü gedacht ist, ist das völlig vertretbar.

Zum Lieferumfang gehören ein USB auf USB-C Kabel, ein MIDI TRS-A-Kabel, eine Micro-SD-Karte, ein DIN A4 Blatt und ein Stoffbeutel, in dem sich der Synthesizer befindet.

Die Oszillatoren des Synthesizers

Zur Klangerzeugung stehen 2 identische Oszillatoren zur Auswahl. Beide mit Sägezahn, Sinus, Sample&Hold, Rechteck, Triangel, weißem Rauschen, rosa Rauschen, FM, Aux für Line- als auch für Mic-Signale. Frequenzmodulation (OSC2 moduliert hierbei immer OSC 1) funktioniert auch, wenn FM nicht ausgewählt ist, nur ohne die 4 Operatoren (die beiden Oszillatoren teilen sich diese), die in einem anderen Menüfenster auftauchen. Pulsbreite lässt sich für die Schwingungsformen Triangel, Rechteck und Granular einstellen. Im Granularmodus ändert die Pulsbreite die Abspielposition. Feintuning und einen einstellbaren Oktavbereich von +/- 6 gibt es natürlich auch. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, ‚Widetuning' zu aktivieren, womit die Feinstimmung wesentlich sensibler reagiert. Tuning und Pulsbreite lassen sich mit Hüllkurven und LFO modulieren. Die beiden Oszillatoren lassen sich stufenlos überblenden. Für einen Synthesizer in dieser Größe schon mal viel Auswahl und auch der Klang lässt sich sehen bzw hören.

Das Filter des Nunomo Qun Mk2

Ein Multimodefilter mit der Auswahl für Lowpass, Bandpass, Highpass und Notch - wahlweise als 2-Pol oder 4-Pol, linear oder nonlinear. Eine hohe Resonanz kann interessante Effekte hervorrufen, zur Selbstoszillation reicht es allerdings nicht. Keytracking gibt es auch mit einstellbarem Wert und eine Modulation ist mit den internen Modulationsquellen und Audiosignalen möglich. Außerdem lässt sich das Eingangssignal verstärken (mit Wavefolder!) und zusätzlich per LFO modulieren. Hat man einen 2-poligen Filtertyp gewählt, kann man sogar noch ein zweites Filter auswählen. Hier gibt es dann diverse fixe Einstellungen aus Notch-, Low-Shelf-, Highpass-, Lowpass- und Peakfiltern. Was die Klangqualität betrifft, konnte mich die Filtersektion leider nicht so ganz überzeugen. Die Filtertypen lassen sich zwar sinnvoll einsetzen und erfüllen ihren Zweck, den Klang bei erhöhter Resonanz und/oder erhöhtem Input empfand ich leider als weniger hochwertig. Vielleicht aber auch einfach Geschmacksache.

Modulationsquellen

Zur Modulation stehen 4 ADSR-Hüllkurven und 1 LFO bereit. Die Hüllkurven lassen sich im Menü auch invertieren und können sensitiv auf die Anschlagsstärke reagieren. Hülkurve 3 und 4 teilen sich die ADSR-Einstellungen und stehen auch ‚nur' für die FM-Operatoren zur Verfügung. Für den LFO kann zwischen Sägezahn (auch rückwärts), Sinus, Sample & Hold, Triangel, Aux, Osc 2 und sogar dem Signal von Oszillator 2 nach Bearbeitung durch eine Hüllkurve gewählt werden. Neben gängigen Funktionen wie Offset und Retrigger gibt es noch eine Keysplit-Funktion. Dies führt je nach Einstellung dazu, dass bei höher gespielten Noten die LFO-Rate steigt und bei mehreren gedrückten Tasten die Geschwindigkeit verdoppelt oder verdreifacht wird.

Der 3-Spur-Mixer

Zum Mischen gibt es einen 3-Spur-Mixer, der Mono und Stereo unterstützt. Für jede Spur lässt sich Volume und Pan einstellen. Im selben Menü wählt man die Aufnahme- und Masterlautstärke für den Looper. Am Ende der Kette steht ein Kompressor mit fixen Werten für Attack-, Release-Zeit und Ratio (Attack 30 ms, Release 100 ms, Ratio 1:3). Einstellen lässt sich der Threshold und das Makeup-Gain.

Onboard-Effekte

Als Onboard-Effekte gibt es verschiedene Delays (Stereo, Mono und Synced), 2x Chorus, 2x Flanger und einen Bitcrusher, wobei man sich natürlich immer für einen Effekt entscheiden muss. Das Delay kann bei sehr kurzen Delay-Zeiten als Resonator fungieren, am besten funktioniert das mit dem Mono-Delay. Zur Einstellung gibt es die Optionen On/Off, Depth, Time und Feedback. Ansonsten gibt es hier keine Besonderheiten, ein Reverb wäre noch wünschenswert gewesen.

Der integrierte Sequencer

Der integrierte Sequencer umfasst bis zu 16 Steps und ist auf 4 Seiten verteilt. Summa summarum macht das eine maximale Anzahl von 64 Steps. Jedes Patch kann bis zu 8 Patterns verarbeiten, von denen sich bis zu 3 gleichzeitig abspielen lassen. Drückt man den REC-Button und startet den Sequencer, bekommt man ein Metronom zu hören und kann, solange der Sequenzer läuft, etwas per MIDI oder am Qun selbst (nur 8 Noten) im Piano-Mode einspielen. Möchte man für jeden Step etwas einzeln aufnehmen, begibt man sich lediglich in den Tune-Mode und spielt einzelne Töne oder Akkorde mit dem MIDI-Keyboard. Für den Piano-Mode (spielen von Noten über die Buttons 1-8) gibt es verschiedene Skalen, als Default ist immer eine chromatische Skala eingestellt. Im On/Off-Fenster lassen sich zunächst die Steps aktivieren oder deaktivieren. Pro Step lassen sich eine Note (1/8tel) für die erste oder zweite Hälfte des Steps, 2 Noten (16tel), 3 Noten (Triolen) oder 4 Noten (1/32tel) programmieren. Hat man beispielsweise die Random-Funktion und 3 Noten pro Step gewählt, variieren diese eben auch 3-mal für diesen Step.

Zur Vervollständigung gibt es noch Einstellungen für Anschlagsstärke, Notenlänge und Wahrscheinlichkeitsfaktor für jeden Schritt. Darüber hinaus gibt es Optionen wie Pattern-Shuffle, Transponierung, Notenlänge, Zufallsgenerator, Arpeggiator, Rückwärtsperioden und -schritte. Es lässt sich auch auswählen, für welche Sequencer-Seite diese Optionen überhaupt aktiviert sind. Damit sind wir aber noch nicht am Ende angelangt. Swing-Modus, MIDI Out für den Sequencer, BPM-Faktoren von 1:1, 1:2 und 1:4 und zusätzliche Einstellungen für die Velocity seien hier auch noch erwähnt. Als letztes Schmankerl lassen sich per ‚Parameter Lock' einzelne Steps nochmals mit bis zu 3 Parametern separat bearbeiten. Erstellte Sequenzen lassen sich mit der Paste-Funktion auch kopieren und weiter bearbeiten.

Granular-Engine integriert

Als gäbe es noch nicht genug Funktionen in diesem kleinen Gerät, lässt sich der Qun auch noch als Granular-Synthesizer nutzen. Nimmt man etwas im Granularmodus auf, ist dieser mit dem Aux L Eingang verbunden und lässt sich somit auch als Schwingungsform für den Oszillator benutzen. Nimmt man hier eine sehr kurze Auswahl zur Hand, lässt sich sogar Wavetable-Synthese betreiben (wie bereits erwähnt lässt sich die Startposition über die Pulsbreitenmodulation im Oszillatormenü modulieren). Bis zu 4 Slices lassen sich einstellen und über ‚Slice spread' springen diese hin und her. Es gibt 4 verschiedene Modi: One Shot, One Shot mit Timestretch, Repeat und Repeat mit Timestretch. Im Menü lässt sich einstellen, wie die Aufnahme bearbeitet wird (Analyze, Normalize, Reverse, Trim to head). Und natürlich gibt es granulartypische Einstellung wie Slice-Spread, Startposition, Länge, Geschwindigkeit (Minusbereich spielt die Aufnahme rückwärts ab), Anzahl der Grains und Detuning. Es lassen sich auch Files über die SD-Karte importieren, allerdings nur 16 Bit, 48 kHz im Monoformat.

Looper

Der Looper ist gedacht, um ihn im Verbund mit dem Sequencer zu nutzen, ist immer zu ihm synchonisiert und funktioniert nur, wenn der Sequencer läuft. Die Länge der ersten Aufnahme definiert die Länge aller Loops und man vom Sequencer direkt in den Looper aufnehmen. Die Aufnahmen werden immer direkt auf der SD-Karte gespeichert. Nimmt man über einen bereits aufgenommenen Loop auf, wird dieser komplett überspielt und die Länge richtet sich nach der aktuellsten Aufnahme. Der Looper bietet 3 Monospuren oder 1 Monospur und 1 Stereospur. Diese 3 Spuren bilden eine sogenannte Szene und es lassen sich bis zu 5 Szenen integrieren. Mit den Szenen kann man ähnlich wie mit der Session-View in Ableton arbeiten.

Der Nunomo Qun Mk2 on YouTube
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