Im Bundestag wird heute gefeiert – zwanzig Jahre gesetzliche Pflegeversicherung. Auch Norbert Blüm, der Vater der Pflegeversicherung, und damals Sozialminister, nimmt an dem Festakt teil. Über die Zukunft der Pflege.
Hier geht es zum Audio: http://www.ndr.de/info/Hat-sich-die-Pflegeversicherung-bewaehrt,pflegeversicherung112.html
Horst Maßmann ist Altenpfleger in der St. Gertrud Gemeindepflege in Hamburg. Der 60-Jährige liebt seinen Beruf, auch, wenn er körperlich anstrengend ist. Maßmann arbeitet fast so lange als Altenpfleger wie es die Pflegeversicherung in Deutschland gibt. Zur Zukunft seiner Branche sagt er: „Ich denke, die Heime so in dieser Form wird es vielleicht nicht mehr ganz so geben. Vielleicht muss man mehr so drauf gehen, dass mehr Wohngemeinschaften gefördert werden. Und das mehr Freiwillige, freiwilligen Dienst im Heim machen und da kleine Tätigkeiten verrichten.“
Rund 2,5 Millionen Pflegebedürftige gibt es in Deutschland. Ein knappes Drittel von ihnen wohnt im Seniorenheim. Die Mehrheit, 70 Prozent, werden Zuhause gepflegt. Heike Nordmann, Geschäftsführerin des Kuratoriums Deutsche Altershilfe sagt: „Mit Blick auf den demografischen Wandel und auf die immer weniger werdenden berufstätig Pflegenden, können wir uns die Vollversorgung in einem Pflegeheim langfristig gar nicht leisten.“
Und die Zeit für Reformen dränge, sagt Nordmann. Bis 2030 soll sich die Zahl der Pflegebedürftigen um gut ein Drittel erhöhen. „Also wir dürfen da überhaupt nicht mehr abwarten, sondern müssen jetzt alle Kraft draufsetzen, die Konzepte der Zukunft zu entwickeln.“
Das hat auch die Bundesregierung erkannt. Die Ausgaben für die Pflegeversicherung sollen bis 2017 um ein Viertel erhöht werden. Um 2 ½ Milliarden Euro. Schon dieses Jahr gibt es mehr Geld für Personal und pflegende Angehörige. Es wird auch mehr in den Umbau barrierefreier Wohnungen gesteckt - fast doppelt so viel wie vorher. Nordmann hält das für sehr sinnvoll: „Denn nur, wenn die Wohnung überhaupt halbwegs barrierefrei gestaltet ist, ist überhaupt die Versorgung Zuhause möglich.“
Und darauf müsse es in Zukunft stärker hinauslaufen – kombiniert mit externer Hilfe.
Ulrike Mascher, heute Präsidentin des Sozialverbands Deutschland VdK, war vor 20 Jahren als SPD-Abgeordnete an der Einführung der Sozialversicherung beteiligt. „Das, was damals noch nicht so deutlich erkennbar war, das ist die Benachteiligung der Menschen, die psychisch, kognitive Einschränkungen haben, also das sind vor allen Dingen die Demenzkranken.“
In Zukunft soll nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige Verfassung berücksichtigt werden. Dafür soll es statt drei, fünf Pflegestufen geben. Und: „Wir brauchen mehr gute Angebote für die hauswirtschaftliche Hilfe und Betreuung. Weil es kann ja nicht sein, dass sie nur deswegen nicht in ihrer eigenen Wohnung sein können, weil das Fensterputzen nicht mehr geht, weil sie die großen Einkäufe nicht bewältigen können.“
Die Bundesregierung will da mit sogenannten Entlastungsdiensten helfen. Finanziert wird das durch höhere Beitragssätze. Hildegard Theobald, Professorin für Gerontologie an der Universität Vechta: „Ich würde trotzdem sagen, dass wir immer noch ein Land sind mit eher geringen Ausgaben, was Pflege angeht.“
Die Folge ist eine Minuten-Pflege, wie sie von vielen genannt wird. Es bleibt keine Zeit für ein freundliches Gespräch oder den Spaziergang im Park. Und dann ist da noch die Bürokratie, sagt Altenpfleger Maßmann, und ärgert sich: „Wir sind keine Büropfleger, wir sind Altenpfleger.“ Denn er liebt seinen Job: „Ich habe so viele positive, interessante Menschen kennen gelernt mit ihren Biografien, einige schon hundert Jahre und noch älter, und da kam so viel zurück, so viel Wissen, so viel Interessantes. Das möchte ich nicht missen.“