Über die Frauenquote ist lange diskutiert worden. Freiwillig hat sie sich nicht durchgesetzt. Die Unternehmen in Deutschland werden nun per Gesetz gezwungen, zu reagieren. Die großen, börsennotierten Unternehmen müssen vom kommenden Jahr an den Anteil von Frauen in ihren Aufsichtsräten nach und nach auf 30 Prozent steigern. Doch auch rund 3.500 Mittelständler in Deutschland müssen laut Gesetz in Zukunft mehr Frauen fördern.
Ganz zu Beginn ihrer Karriere wurde zu Verena Traub gesagt: "Wenn Du Führungskraft werden willst, steig so hoch Du kannst. Denn ab dem Moment, wo Du Kinder hast, gibt es keinen Aufstieg mehr." Lisa Junger, Software-Entwicklerin bei dem Hamburger IT-Unternehmen ThoughtWorks, ging es ganz ähnlich. Anstatt, dass ihre damalige Vorgesetzte mit ihr über langfristige Perspektiven sprach, hieß es gleich zu Anfang: "Ich solle mir genau überlegen, wie ich meine nächsten Karriereschritte plane. Denn mit Mitte 30 sei die Karriereplanung für Frauen ja bekanntermaßen zu Ende."
Von ausgeglichenem Verhältnis keine Spur
Bis hierher und nicht weiter, das erleben viele Frauen. In den Universitäten und am Anfang des Berufslebens ist das Verhältnis von Frauen und Männern noch ziemlich ausgeglichen. Mit der Zeit und in den oberen Führungsebenen werden es aber immer weniger Frauen. Das erlebt so auch Petra Lichtschlag, die den Bereich Personal beim Energieunternehmen Lichtblick leitet: "Auf Abteilungsleiter-Ebene wird es schon dünner und auch in der Bereichsleitungsebene. Wir sind sieben Bereichsleiter, darunter ist eine Frau, und das bin ich. Die Geschäftsführung ist komplett männlich besetzt.
Frauenanteil in Vorständen von DAX-Unternehmen liegt bei sieben Prozent
Das belegen auch Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). In den Vorständen der 30 DAX-Unternehmen liegt der Frauenanteil in Vorständen bei rund sieben Prozent. Besser sieht es in den Aufsichtsräten aus. Hier sind knapp 25 Prozent der Posten mit Frauen besetzt. Das Gesetz von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sieht vor, dass der Frauenanteil in den Aufsichtsräten von börsennotierten Unternehmen auf 30 Prozent erhöht wird. Das sei ein Anfang, aber betreffe nur 108 große Unternehmen - etwa Beiersdorf, Continental oder Lufthansa. Und das betrifft nur die Aufsichtsräte, und damit nicht die eigentlichen Entscheidungsträger im Unternehmen, sagt Elke Holst vom DIW: "Die Vorstände bleiben männliche Monokulturen. Das ist alles andere als eine positive Bilanz."
Freiwilligkeit funktioniert nicht
Bei Vorständen und den oberen Führungsebenen bleibt es bei einer Selbstverpflichtung und regelmäßigen Berichten. Das sieht Ramona Pisal, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, kritisch: "Die Erfahrung zeigt: Was nicht sanktioniert ist, wird auch selten umgesetzt."
Pisal und ihre Kolleginnen haben in den vergangenen Jahren 300 Hauptversammlungen in Deutschland besucht und jedes Mal kritisch gefragt, wie Frauen gefördert werden: "Wir waren am Anfang nicht besonders willkommen, weder bei den Anlegern und Anlegerinnen noch bei den meisten Herren auf dem Podium."
Mehr weibliche Vorbilder müssen her
Die Selbstverpflichtung von 2001, beschlossen unter dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), sei bei den meisten Unternehmen schnell wieder in der Schublade verschwunden. Erst 2010, als der politische Druck stärker wurde, habe langsam ein Bewusstseinswandel stattgefunden.
Die Frauenquote sei ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, sagt auch Software-Entwicklerin Lisa Junger: "Es hat das Potenzial einen Hebel zu setzen, um bestimmte Machtstrukturen in Frage zu stellen." Weibliche Vorbilder an der Spitze seien wichtig. In ihrem Unternehmen ThoughtWorks etwa ist der technische Vorstand von einer Frau besetzt, das motiviere sie. Den Satz ihrer damaligen Vorgesetzten will Lisa Junger ignorieren. Heute ist sie 34, verfolgt immer noch ihre Karriere und erwartet gerade ihr erstes Kind.
Hier geht es zum Audio: http://www.ndr.de/info/Mehr-Frauen-an-die-Macht,audio235496.html
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