Jennifer Johnston

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Corona-Studie: Patienten sterben häufig an Blutgerinnseln

Rechtsmediziner haben in Hamburg rund 170 Covid-19-Tote obduziert. Die Ergebnisse einer Studie zeigen: Corona-Patienten sterben häufig an Thrombosen und Lungenembolien. Die neuen Erkenntnisse sollen bei der Behandlung helfen.

Von Jennifer Lange und Thomas Berbner, NDR

Der Rechtsmediziner Klaus Püschel schlüpft in seine schwarzen Gummistiefel. Er legt noch den blauen Kittel um, knotet die Plastikschürze fest und zieht die weißen Gummihandschuhe hoch. Dann geht es in den Obduktionssaal. Auf einer Edelstahlbahre wird ein Verstorbener hereingerollt. Auf das weiße Tuch, das den Leichnam bedeckt, hat jemand mit einem schwarzen Edding "Corona" geschrieben - mit Ausrufezeichen.

Am Hamburger Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) wurden in den vergangenen Wochen rund 170 Covid-19-Tote obduziert. Bisher sind das die mit Abstand meisten Obduktionen bundesweit. Bei den Untersuchungen wurden gehäuft Thrombosen und tödliche Lungenembolien gefunden.

Hinweis für die Wirksamkeit blutverdünnender Medikamente

Konkret wurden zwölf Verstorbene im Alter von 52 bis 87 Jahren näher untersucht. Bei sieben von diesen zwölf traten auch diese Krankheitsbilder auf. Vier seien direkt an einer Lungenembolie gestorben. Vor ihrem Tod gab es bei den Betroffenen keinen entsprechenden Verdacht. Auch bei weiteren Obduktionen in Hamburg fand Püschel, der Direktor des Instituts, Hinweise auf Lungenembolien.

Püschel und Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin des UKE, sehen darin eine Bestätigung für die mögliche Wirksamkeit von Therapien mit blutverdünnenden Medikamenten bei Corona-Patienten. Püschel verweist darauf, dass zunehmend gezielt "auf das Blutgerinnungssystem und die Bildung von Thromben" eingegangen werde, "also eine intensivere Vorsorge getroffen wird dafür, dass Thrombosen und Embolien nicht entstehen".

Erkenntnisse sollen bei der Behandlung helfen

"Wir haben schon im klinischen Alltag gesehen, dass Covid-19 in ungewöhnlich vielen Krankheitsfällen zu Thrombosen sowie Lungenembolien bei den Patientinnen und Patienten geführt hat", fügt Kluge hinzu. Die Bestätigung dafür hätten die Obduktionen geliefert. Diese wichtigen Hinweise würden die Mediziner nun in die Behandlung der Patienten übertragen. "Und dann wägen wir sorgfältig ab, ob wir Patientinnen und Patienten primär mit einem Blutverdünnungsmittel behandeln könnten."

Die Studie mit den Ergebnissen der Obduktionen wurde in der angesehenen amerikanischen Fachzeitschrift "Annals of Internal Medicine" veröffentlicht. Sie wurde vor der Veröffentlichung von vier unabhängigen Gutachtern geprüft.

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