Es ist Regenzeit in Ruanda. Felix Brühl fährt die Straße ab, die seine Mitarbeiter gerade frisch asphaltiert haben. Der Bauleiter der Firma Strabag schaut über die rot-weiße Grenzschranke nach Uganda: "Das hier sind die letzten 400 Meter, die wir bis zur Grenze bauen." Wenn die Straße in ein paar Tagen fertig ist, fahren von hier die ersten Lkw nach Ruanda. Sie kommen von den Seehäfen in Kenia und Tansania. Ruanda hat das Problem, dass es mitten in Afrika liegt; ohne eine eigene Anbindung ans Meer.
Die neue Zollunion bringt dem Land daher besonders viele Vorteile, sagt Bastian Schmitz vom Logistikunternehmen Spedag: "Wir sind eine der ersten Firmen, die Container unter 'Single Customs Territory' verzollen. Das heißt, die Verzollung wird direkt in Mombasa erledigt und nicht hier. Dann werden die Container hier hochgefahren und können direkt ins Lager des Kunden gebracht werden. Und erst dort werden die Siegel vom Zöllner entfernt. Das soll die ganze Prozedur vereinfachen. Denn dann fallen die einzelnen Inspektionen in den Ländern, die durchquert werden, weg. Das müsste auch zeitlich ein paar Tage einsparen."
Außerdem spart es Geld. Denn seit Anfang des Jahres sind weniger Papiere, Genehmigungen und Steuern fällig. Derzeit ist Ruanda aufgrund seiner geographischen Lage noch eines der Länder mit den höchsten Transportkosten der Welt, so das Auswärtige Amt.
Ausländische Arbeitskräfte nicht willkommenNeben dem freien Handel soll auch der Personenverkehr vereinfacht werden. Da müsse noch viel getan werden, sagt Bauleiter Brühl: "Für uns wäre das sehr, sehr günstig, denn man findet sehr gute Arbeitskräfte in Uganda und Kenia. Nichtsdestotrotz behaupte ich, dass die Chemie zwischen den Ländern untereinander nicht so gut ist. Ausländische Arbeitskräfte sind hier nicht gerne gesehen. Und es wird den Leuten auch nicht besonders einfach gemacht, Arbeitsvisa zu bekommen, oder Grenzen zu überschreiten."
Innerafrikanischen Handel intensivierenSein Kollege Guiseppe Ballestra stimmt ihm zu. Besonders das Verhältnis zu Tansania sei derzeit schwierig. Dennoch müsse die Zoll- und Währungsunion vorangetrieben werden. Ruanda brauche einen größeren Absatzmarkt. Die ostafrikanische Gemeinschaft bietet dem kleinen Land den Zugang zu rund 130 Millionen zusätzlichen Kunden. Das Land selbst ist nur so groß wie Mecklenburg-Vorpommern und hat rund elf Millionen Einwohner. Außerdem verfügt Ruanda über keine Baumaterialen. Bis auf Steine muss alles importiert werden. Ballestra sagt: "Alles was eine Fabrik braucht, wird importiert. In Ruanda selbst wird nichts produziert." Tatsächlich ist der industrielle Sektor noch sehr klein. Handel ohne Zölle sei für die deutsche Firma daher umso wichtiger. Sie kämen so günstiger an Baumaterialien und Maschinen heran.
Starke gemeinsame WerteBallestra, der seit fast 50 Jahren in Afrika arbeitet, hält die afrikanische Gemeinschaft auf Dauer für zukunftsfähiger als die Europäische Union. Er meint: "Als Europäer identifiziert man sich zuerst mit seinem eigenen Land, erst dann kommt Europa. Aber in Afrika ist es anders: Als Afrikaner fühlt man sich auch als Afrikaner. Die berufen sich immer auf gemeinsame natürliche Werte. Ich glaube, wenn diese künstliche Grenze, die wir gezogen haben, erst einmal überwunden ist, kommen diese gemeinsamen Wurzeln zum Tragen."
EU als VorbildUnd an der Überwindung der Grenzen arbeitet Thomas Kigabo. Der Chefökonom der ruandischen Zentralbank sorgt dafür, dass es bald nur noch eine Währung in Ostafrika gibt. Unterstützt wird er dabei von der Europäischen Zentralbank: "Wir bekommen Hilfe, eine Währungsunion in unserem regionalen Kontext aufzubauen. Aber gleichzeitig wissen wir, dass die Europäische Union Probleme hat. Wir versuchen, aus Erfahrungen der EU zu lernen und schon jetzt Mechanismen festzulegen, um diese Risiken zu minimieren."
So sollen zum Beispiel die Wirtschaftsdaten, die regelmäßig von den Mitgliedern gemeldet werden müssen, stärker überwacht werden. Damit nicht das Gleiche passiert wie mit Griechenland.
Hier geht es zum Audio: https://soundcloud.com/beyondyourworldgermany/wahrungsunion-ostafrikawav