Keine Abos und 11 Abonnenten
Artikel

Das Wichtigste über die Midterms

Bildrechte Zumapress

Bei den Midterms wird über Posten und Inhalte abgestimmt, die die US-Politik in den kommenden Jahren prägen werden. Die wichtigsten Fakten im Überblick.

Wer und was steht zur Wahl?

Bei den US-Zwischenwahlen geht es zum einen auf föderaler Ebene um Abgeordnetenplätze in den zwei Parlamentskammern, zum anderen auf Bundesstaaten-Ebene um Gouverneursposten und Abstimmungen zu einzelnen Themen, sogenannten ballot measures.

Im Repräsentantenhaus, in das die Bundesstaaten nach ihrem Bevölkerungsanteil an der Gesamtbevölkerung Abgeordnete entsenden, werden alle 435 Sitze neu vergeben. Im Senat, in den jeder Bundesstaat zwei Abgeordnete entsendet, wird über 35 der 100 Sitze abgestimmt.

In 36 Bundesstaaten und drei US-Außengebieten finden außerdem Gouverneurswahlen statt, 27 Bundesstaaten wählen neue secretaries of state - deren Aufgabe liegt zwischen Innenministern und obersten Wahlaufsehern eines Bundesstaats.

Bei den ballot measures, die im Rahmen der Midterms abgehalten werden, stimmen unter anderem fünf Staaten über ihr Abtreibungsrecht und fünf weitere über eine Legalisierung von Marihuanakonsum ab.


Wer darf abstimmen?

Bei den US-Midterms abstimmen darf, wer sich im Bundesstaat seines Aufenthalts vorab dafür registriert hat. Laut dem jüngsten US-Zensus sind theoretisch etwa 252 Millionen von 332 Millionen US-Bürgern wahlberechtigt - aber in der Regel macht nur wenig mehr als die Hälfte von diesem Recht Gebrauch, indem sie sich tatsächlich registriert.

Abstimmen können die Registrierten persönlich in einem Wahllokal am 8. November, vorab per Briefwahl oder durch Abgabe des Stimmzettels an einer Wahlstation - die einzelnen Bundesstaaten unterscheiden sich stark darin, welche Fristen sie ansetzen und welche Auflagen sie für die Abstimmung machen.

Etliche Staaten haben in den vergangenen Jahren Gesetze eingeführt, die eine Briefwahl schwieriger machen - zum Nachteil Berufstätiger und Älterer oder Kranker, die am Wahltag nicht gegebenenfalls stundenlang in einer Schlange vor dem Wahllokal anstehen können. Insbesondere die Republikaner sehen in den Auflagen aber sinnvolle Reformen, die Betrugsversuche bei der Abstimmung verhindern sollen - ein Vorwurf, den sie in Zusammenhang mit der US-Präsidentschaftswahl von 2020 bis heute erheben.


Welche Themen bestimmten den Wahlkampf - und nun womöglich das Abstimmungsverhalten?

Im Frühling und Sommer bestimmte die Reform des Rechts auf Schwangerschaftsabbrüche den Wahlkampf - denn seit der Entscheidung des Supreme Court im August ist dieses in den USA nicht mehr garantiert, sondern hängt von der Gesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten ab. Das Urteil, das vor allem Anhänger der Republikaner als Sieg verbuchten, löste unter Anhängern der Demokraten Entsetzen aus - und mobilisierte viele US-Amerikaner zur zeitigen Registrierung.

Spätestens nach dem zweiten Quartal von 2022 zeigte sich die weltweite Inflation durch Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine jedoch auch in den USA: Die steigenden Lebensmittel- und Energiepreise brachten immer mehr US-Bürger in ihrem täglichen Leben in Bedrängnis. Stimmungsbilder deuten darauf hin, dass viele Menschen US-Präsident Joe Biden und die Demokraten dafür verantwortlich machen - und entsprechend abstimmen wollen.

In Umfragen ist die wirtschaftliche Lage der USA für Demokraten wie Republikaner das Thema Nummer eins, gefolgt von der "Zukunft der US-Demokratie". Von der haben die Anhänger der Parteien ganz unterschiedliche Vorstellungen - entsprechend polarisierend traten ihre Kandidaten im Wahlkampf auf und stilisierten ihre Kampagne zum regelrechten Kulturkampf gegen die anderen, der auch nach dem Ausgang der Midterms nicht abgeschlossen sein wird. Die Spaltung der USA in zwei Lager wirkt weiter tief in alle politischen Themen hinein - das gilt unverändert auch für die Haltungen zur Einwanderung mittel- und südamerikanischer Migranten. Längst sind die nicht mehr nur in den südlichen, konservativ geprägten US-Bundesstaaten sichtbar, sondern bringen auch die mehrheitlich liberalen Metropolen wie Washington und New York an ihre Grenzen - ein weiteres wichtiges Wahlkampfthema.


Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen?

Die USA erstrecken sich über mehrere Zeitzonen, in denen sowohl die Briefwahl-Stimmen als auch die in den Wahllokalen abgegebenen Stimmzettel ausgezählt werden müssen - die meisten Beobachter rechnen daher nicht damit, dass belastbare Ergebnisse am Wahlabend oder überhaupt am Tag nach der Wahl vorliegen werden. Je nach Bundesstaat kann es Wochen dauern, bis das Endergebnis bekannt wird.


Warum geht es im Wahlkampf so oft um US-Präsident Biden und seinen Amtsvorgänger Donald Trump, wenn sie jetzt gar nicht zur Wahl stehen?

Die Zwischenwahlen zur Hälfte der Amtszeit eines US-Präsidenten gelten als Stimmungstest für seine bisherige Politik. Dabei verlor in der Vergangenheit fast immer die Regierungspartei Sitze. Denn in der Regel nutzen Wähler die Midterms, um ihrem Unmut über den amtierenden Präsidenten Luft zu machen - Beobachter erwarten, dass auch Joe Biden dieses Schicksal ereilen wird.

Denn zum einen steht er in aktuellen Umfragen bei bis zu 55 Prozent der Befragten als unbeliebt da. Schon im ersten Amtsjahr war der Zuspruch zu Biden rapide gesunken. Zum anderen haben viele Republikaner nie den Verschwörungsglauben an den angeblichen Wahlsieg abgelegt, der "ihrem" Präsidenten Trump gestohlen worden sei - und Trump hat immer wieder gezielt angedeutet, er könne sich eine erneute Kandidatur als Präsident im Jahr 2024 vorstellen.

Ein starkes Abschneiden der Republikaner bei den Midterms dürfte ihm Aufwind verschaffen - und diesmal wüsste er womöglich die Mehrzahl der secretaries of state auf seiner Seite, die in den Bundesstaaten unter anderem über die Anerkennung eines Wahlergebnisses entscheiden dürfen.


Welche Auswirkungen hat das Wahlergebnis auf die US-Politik der kommenden Jahre?

Im US-Senat haben sowohl die Republikaner als auch die Demokraten bislang 50 Sitze. Bei einem Gleichstand in einer parlamentarischen Abstimmung entscheidet die Stimme von Vizepräsidentin Kamala Harris - zugunsten der Demokraten. Nun, da 35 Abgeordnete neu gewählt werden, könnten die Republikaner die Mehrheit im Senat erlangen. Auch im Repräsentantenhaus, dessen 435 Sitze vollständig neu vergeben werden, könnten die Demokraten ihre knappe Mehrheit einbüßen.

Biden würde dadurch zur sogenannten lahmen Ente - einem US-Präsidenten, der kaum noch regieren kann, da jeder seiner Gesetzesvorstöße durch die oppositionelle Mehrheit in den Parlamentskammern blockiert wird. Dann bliebe ihm nur, Entscheidungen per Dekret durchzusetzen. Diese können allerdings von US-Gerichten für ungültig erklärt werden. Am Supreme Court, dem obersten Gericht der USA, amtiert eine konservative Mehrheit der neun Richter, die schon in der jüngsten Vergangenheit zugunsten der Republikaner entschieden hatte. Zugespitzt formuliert könnte Biden im Ergebnis noch zwei Jahre Präsident, aber weitgehend handlungsunfähig sein.

Zum Original