Was kann die EU durch Vermittlung zwischen Moskau und Kiew erreichen? Warum kommt die Deeskalation nicht voran? Fragen und Antworten.
Wie geht es weiter in der Ukraine, nachdem Russland an der Grenze und auf der annektierten Krim Zehntausende Soldaten zusammengezogen hat und seit Jahresbeginn so viele Menschen starben wie lange nicht? Im EU-Rat für Auswärtige Angelegenheiten wollen die Außenminister der Mitgliedsstaaten unter der Leitung des Außenbeauftragtem Josep Borrell darüber im Anschluss an ihre Sitzung einen "Gedankenaustausch" abhalten, zu dem auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba informell hinzutritt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und US-Präsident Joe Biden stärkten Kiew zuletzt den Rücken. Doch obwohl an Solidaritätsbekundungen kein Mangel herrscht, dauert der Krieg in der Ostukraine seit sieben Jahren an. Welche Initiativen liefen ins Leere? Und was können die richtigen Akteure mit Zuspruch und Vermittlungsangebote erreichen? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Seit 2014 Jahren kämpfen in der Ostukraine die ukrainische Armee und Rebellengruppen miteinander. Prorussische Separatisten, die von Russland mit kampferfahrenen Söldnern, Waffen und Kriegsgerät unterstützt werden, kontrollieren seit 2014 Teile der Gebiete Donezk und Luhansk, die sogenannte Donbass-Region. In sieben Jahren sind 13.000 Menschen in dem Konflikt gestorben - allein seit Jahresanfang beklagt die Ukraine 50 Tote, so viele wie seit 2019 nicht mehr.
Auch mit Ausbruch der Corona-Pandemie kam das Kampfgeschehen nicht zum Erliegen, vereinbarte Waffenstillstände wurden immer wieder gebrochen. Seit Anfang April hat Russland nach Angaben der ukrainischen Regierung mehr als 40.000 Soldaten nahe der Grenze zusammengezogen und Militärlager errichtet, auch auf die 2014 von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim wurden demnach verstärkt schweres Kriegsgerät und Truppen verlegt.
Die Verlegung so vieler Truppen und Waffen in kurzer Zeit ist logistisch aufwändig und kostspielig - Experten gehen deshalb davon aus, dass Russland den Schritt lange geplant hat und sehr gezielt vorgeht. Gegen bloße Militärübungen spricht, dass Russland diese üblicherweise im Herbst abhält und die NATO darüber ab einer bestimmten Truppenstärke im Voraus informieren müsste - auch wenn sich beide Seiten gegenseitig vorwerfen, diese vertrauensbildende Maßnahme nicht mehr einzuhalten.
Der Kreml drohte zudem, im Falle eines Aufflammens von Kampfhandlungen russische Staatsbürger militärisch zu schützen. Zugleich betreibt Russland seit Jahren im Osten der Ukraine seit Jahren eine gezielte Einbürgerungspolitik, mit der die Bewohner des Donbass unkompliziert russische Pässe bekommen können. Hunderttausende Menschen, die im ukrainischen Staat für sich keine Perspektive mehr sehen, sollen diese Möglichkeit bereits genutzt haben. Sie leben weiter in den Separatistengebieten, wo dadurch per definitionem die Zahl der russischen Staatsbürger stark gestiegen ist.
Unter dem Eindruck der heftigen Kämpfe nach dem Ausbruch des Krieges traten im Juni 2014 erstmals Regierungschefs und Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine in einer Kontaktgruppe zu Verhandlungen zusammen - das sogenannte Normandie-Format. Bislang gab es sechs Treffen, auf denen unter anderem 2015 das zweite Minsker Abkommen unterzeichnet und 2019 ein Gefangenenaustausch erzielt wurde.
Die von der Kontaktgruppe begrüßte sogenannte Steinmeier-Formel, die einen Sonderstatus und von der OSZE beobachtete Wahlen in den Regionen Luhansk und Donezk vorschlägt, wurde kontrovers aufgenommen, aber nie umgesetzt. Eine Videoschalte im Normandie-Format im April 2020 brachte keine Fortschritte, Treffen auf Beraterebene im Juni und September 2020 und im Januar 2021 wird jedoch Bedeutung bei der Erhaltung einer zeitweise verhältnismäßig stabilen Waffenruhe zugeschrieben.
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