tagesschau.de: Bei einigen Patienten in Italien, Südkorea und China wollte keine der bisherigen Covid-19-Therapieformen anschlagen - dann brachte eine Plasmabehandlung ihnen die Heilung. Wie genau sieht der Therapieansatz aus, an dem auch am Universitätsklinikum als einer der ersten Einrichtungen in Deutschland jetzt geforscht wird?
Holger Hackstein: Das Prinzip ist eine passive Immunisierung. Die beruht darauf, dass ein Mensch in der Regel nach so einer Infektion Antikörper, die ganz spezifisch das Virus angreifen, in seinem Blut bildet. Wenn die Person dann wieder gesund ist, hat sie in ihrem Blut diese virusspezifischen Antikörper. Der Therapieansatz beruht darauf, dass man von so einem gesundeten Spender mit Hilfe einer Plasmaapherese-Maschine das Blutplasma entnimmt, das die Antikörper enthält, und sie nach Qualitätsuntersuchungen, die eine Gefährdung des Empfängers ausschließen sollen, auf die kranke Person überträgt.
tagesschau.de: Vergleichbare Verfahren werden schon bei anderen Erkrankungen angewandt...
Hackstein: Richtig. Wir wissen, dass das auch bei Sars-1- und bei Mers-Virusinfektionen - das sind ja verwandte Viren aus der Coronavirus-Familie - auch sehr gute Ergebnisse gebracht hat. Von daher hat man einen sehr guten Erfahrungsschatz, um abschätzen zu können, dass diese Therapie mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Patienten sehr hilfreich ist.
tagesschau.de: Es gibt schon erste Erfahrungswerte: In China und Südkorea war eine solche Plasmabehandlung bei Einzelpersonen erfolgreich. Wie belastbar sind die bisherigen Erkenntnisse zur Wirksamkeit?
Hackstein: Als Wissenschaftler und Mediziner muss man sagen, dass das alles noch keine kontrollierten Studien sind.
Aber wenn man die Masse und die Dichte dieser wissenschaftlichen Meldungen berücksichtigt und auch, dass dieses Therapieprinzip eigentlich schon eine lange Tradition in der Transfusionsmedizin hat, denke ich, ist das schon ein sehr starker Hinweis darauf, dass es diesen schwerkranken Patienten signifikant weiterhelfen kann.
Was man jetzt zweigleisig neben der Therapie von Akutpatienten machen sollte, sind kontrollierte klinische Studien. Es gibt verschiedene Studiendesigns, die man hier diskutieren kann. Ich denke, dass es sinnvoll ist, mehrere kontrollierte Studien mit verschiedenen Designs zu initiieren. Dann kann man wirklich nach harten wissenschaftlichen Kriterien bewerten, ob diese Therapie signifikant positive Effekte für die Patienten hat.
tagesschau.de: Von welchem Zeitraum sprechen wir, bis fundierte Aussagen über die Wirksamkeit gemacht werden können?
Das ganze Interview ist verfügbar auf: https://www.tagesschau.de/inland/covid-blutplasmatherapie-uniklinik-erlangen-101.html