Von Eva Steinlein, tagesschau.de
Der Untersuchungsausschuss zur Maut-Affäre soll die Umstände der Vergabe und Kündigung der von Scheuer geschlossenen Verträge zur Erhebung der Pkw-Maut aufklären. Außerdem soll geklärt werden, welche Folgen das Scheitern des Projekts nach sich zieht, wie seine Abwicklung ablaufen soll und wer für welchen Vorgang die Verantwortung trägt. Das Ergebnis könnte Scheuer seinen Job als Bundesverkehrsminister kosten.
Die Pkw-Maut war ein Prestigeprojekt der CSU: Im Bundestagswahlkampf 2013 machten Teile der Union gezielt Stimmung für die "Ausländermaut", die sie nach der Wahl in "Infrastrukturabgabe" umtauften: Sie hätte eine Straßennutzungsgebühr innerhalb Deutschlands vorgesehen, die für Bundesbürger dank einer Senkung der KFZ-Steuer faktisch kostenfrei geblieben wäre. Der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt hatte die Pläne zur Einführung 2014 erarbeitet - schon damals gab es Stimmen, die an der Rechtmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit des Projekts zweifelten.
Am 1. Januar 2016 trat die Maut de jure in Kraft, sollte aber erst erhoben werden, sobald die Infastruktur dazu bereit steht - darum sollte sich Dobrindts Amtsnachfolger Scheuer kümmern. Im Juni 2019 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die Pkw-Maut gegen EU-Recht verstößt, weil sie ausländische Autofahrer diskriminiert. Das Projekt ist somit hinfällig.
Scheuer kündigte daraufhin die Verträge, die er noch während des laufenden EuGH-Verfahrens geschlossen hatte - und an deren Rechtmäßigkeit es erhebliche Zweifel gibt.
Ende 2018 wurde bekannt, dass die Firma "autoTicket", ein Zusammenschluss des österreichischen Mautunternehmens Kapsch TrafficCom und der Ticketfirma Eventim, mit der Erhebung der Maut beauftragt worden war. Ihre Leistungen sollten über zwölf Jahre laufen und insgesamt 1,975 Milliarden Euro kosten. Bundesverkehrsminister Scheuer präsentierte den Vertragsabschluss am Tag vor Silvester als großen Wurf und erklärte, im Kostenrahmen von 2,08 Milliarden Euro geblieben zu sein - so viel hatte der Bundeshaushalt ihm für die Maut bewilligt.
Allerdings hatte es mit "autoTicket" faktisch nur einen einzigen verbleibenden Bieter um den Auftrag gegeben. Dieser forderte in seinem letzten Angebot von Oktober 2018 noch 3,065 Milliarden Euro für seine Dienste - Scheuer unterzeichnete also einen Vertrag, der eine Milliarde zu teuer war.
Den Fehlbetrag warb Scheuer nie beim Finanzministerium ein. Statt dessen schloss er Recherchen von Report Mainz zufolge mehrere zusätzliche Geheimverträge, durch die ihm eine Milliarde Euro an Spielmasse zur Verfügung stehen sollte. Kritiker halten diesen Schritt für rechtswidrig - und für eine rechnerisch fehlerhafte Trickserei zu Lasten der Steuerzahler, über die Scheuer überdies den Bundestag als Haushaltsentscheider nicht informierte.