Mirko Silz ist Geschäftsführer der Gastronomiekette L’Osteria und Mitbegründer der Initiative Gastgeberkreis. Im Interview spricht er über die Forderungen von über 150 Gastro-Profis aus ganz Deutschland und darüber, warum es für politische Entscheidungsprozesse so wichtig ist, mit Menschen aus der Praxis ins Gespräch zu kommen
Herr Silz, im Gastgewerbe stehen über zwei Millionen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Für wie viele Mitarbeiter sind Sie verantwortlich?
Bezogen auf Deutschland sind aktuell über 3.500 Mitarbeiter bei der L'Osteria tätig. Rechnen wir noch unsere Restaurants im europäischen Ausland hinzu, sprechen wir von mehr als 4.500 Mitarbeitern.
Warum braucht es eine Initiative wie den Gastgeberkreis?
Wir sind ein Zusammenschluss von über 150 Gastro-Profis aus ganz Deutschland. Und wir werden von Tag zu Tag mehr. Je mehr wir werden, desto lauter und sichtbarer können wir sein. Denn das ist es, was wir wollen: gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit mit einer gemeinsamen Stimme sprechen und dabei auf die teils existenzbedrohende Lage aufmerksam machen, in der viele Betriebe gerade stecken. Letztendlich möchten wir, dass die Politik ihre zugesagten Hilfen - persönlich würde ich eher von Entschädigungsleistungen sprechen, schließlich ist die Gastronomie unverschuldet in diese Notlage geraten - schnell ausschüttet und uns Perspektiven und pragmatische Lösungsansätze bietet.
Wir können sogar schon einige Teilerfolge verzeichnen: Zuletzt hatten wir unter anderem einen engen Austausch mit dem Generalsekretär einer großen Partei. Die Gespräche mit verschiedenen Bundestagsfraktionen und Ministerien haben uns gezeigt, dass Interesse besteht, mehr über uns und unsere Anliegen zu erfahren. Unsere Initiative Gastgeberkreis soll aber nicht nur temporär existieren, sondern wir wollen uns langfristig für die Interessen der Branche stark machen.
Inwieweit kann der Gastgeberkreis die Lobbyarbeit von Verbänden wie den DEHOGA ergänzen?
Wir sehen uns als paralleles Zusatzangebot zu Verbänden wie den BdS und den DEHOGA. Wir sind sehr heterogen, verfolgen aber alle die gleichen Ziele. Gemeinsam möchten wir als „Praktiker" unsere Erfahrungen in den aktuellen Diskurs in Bezug auf die Lockdown-Maßnahmen einbringen. Zu den Mitgliedern und Unterstützern des Gastgeberkreises zählen unter anderem die Block Gruppe, Feinkost Käfer, Hans im Glück, die Schwan Restaurants, die Gaffel Privatbrauerei, das Kameha Grand Hotel in Bonn, The Ash Steakhäuser, aber auch Szene-Gastronomien wie die Bullerei von Tim Mälzer aus Hamburg. Mit weiteren stehen wir in vertiefenden Gesprächen, insbesondere mit Hotelbetreibern und anderen Initiativen.
Welche Forderungen stehen aktuell auf Ihrer Agenda?
Die heimische Gastronomie vor den Folgen der Corona-Krise zu bewahren hat momentan oberste Priorität. Wir fordern konkret, dass alle Versprechen der Politik eingehalten werden. Es muss politische Verantwortung für die Versäumnisse und Falschaussagen in den letzten Monaten übernommen werden. Wenn die Politik die Gastronomie weiter so wenig wertschätzt, wäre das ein Schlag ins Gesicht für die gesamte Branche. Wir haben gezeigt, dass wir umsichtig und verantwortungsvoll handeln. Wir wollen endlich ernst genommen werden und bieten an, uns verstärkt in politische und gesellschaftliche Entscheidungsprozesse einzubinden.
Was erhoffen Sie sich vom Bund-Länder-Treffen am 3. März 2020?
Mehr Wertschätzung von Seiten der Politik - dafür, dass wir seit Monaten unverschuldet in diese Lage geraten sind. Das muss sich erstens durch eine zügige Auszahlung der Hilfen deutlich machen und zweitens brauchen wir dringend ein richtiges Konzept und eine Planungssicherheit von der Regierung. Es darf nicht einfach nur wieder geredet und nichts beschlossen werden. Es muss ein klares Signal von der Politik ausgehen. Wir sind Teil des Mittelstands und empfinden es als Ungerechtigkeit, im Stich gelassen zu werden. Seit Monaten werden wir über dem Niveau anderer Branchen belastet - das muss endlich ein Ende haben. Wir verfügen über strenge Hygienekonzepte, es gibt die Möglichkeit von Schnelltests - daran sollte nun angeknüpft und ein konkreter Wiedereröffnungsplan vorgestellt werden. Wo wir mithelfen können, sind wir bereit dies zu tun. Man möge nur bitte mit uns sprechen!
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