Als die Deutschen vor einem Jahr vor verschlossenen Restauranttüren standen, als sie Nudeln hamsterten und zu Hause ihr eigenes Sauerteigbrot backten, als sie auf vieles, was sie gewohnt waren, mit einem Mal verzichten mussten, gab es einen Ort, an dem alles so weiterging wie zuvor.
"Kleines Menü mit Big Mac, das kostet heute doch 4,99?"
"Genau, kleines Menü für 4,99, Pommes oder Riffelkartoffeln dazu?"
"Riffelkartoffeln."
"Mayo oder Ketchup?"
"Mayo."
"Noch etwas?"
"Nee."
"Dann dürfen Sie einmal vorfahren zu Fenster 1. 4,99 Euro bitte."
Diese Bestellung rauscht im März 2021 durch die Gegensprechanlage der McDonald's-Filiale in Hamburg-Bergedorf. Eine, wie sie sie im vergangenen Jahr durchgängig entgegennahmen: Laura Sophie Bennecke, Katarina Klepic, Viktoria Parpura und Nesih Demirbüken. Die Filiale, in der sie arbeiten, liegt an einer vierspurigen Straße und sieht so aus, wie jede McDonald's-Anlage in Deutschland aussieht: flaches Dach, großer Parkplatz, großes gelbes M. An der Seite die Einfahrt zum McDrive, der Straße um das Gebäude herum, auf der sogar die StVO gilt, und in der sich die Kunden ihren Big Mac bestellen und direkt ins Auto reichen lassen.
Lange vor dem 20. März 2020, dem Tag, an dem beschlossen wurde, dass Restaurants in Hamburg nur noch to go verkaufen durften, wussten sie hier schon, wie das geht: Menschen so kontaktlos wie möglich zu verpflegen.
Laura Sophie Bennecke, 22, die "Runnerin" im Team, kassiert und packt die Bestellungen zusammen.
Katarina Klepic, 26, verantwortet die Produktion der Pommes.
Viktoria Parpura, 23, baut die Burger zusammen.
Und Nesih Demirbüken, 44, achtet als Restaurantleiter darauf, dass keine der Bestellungen länger als 120 Sekunden dauert.
Fenster 1
Laura Sophie Bennecke steht vor dem offenen Fenster, kalte Luft strömt herein. Sie trägt eine weiße Bluse, zittert leicht. "Mit Karte?", fragt sie den Mann im blauen Golf, der gerade vorfährt. Bennecke macht heute Vormittag die Kasse, nimmt EC-Karten an, hält sie gegen das Kartenlesegerät, reicht sie mit Beleg zurück und sagt jedes Mal: "Einmal vor zu Fenster 2, bitte." Seit drei Jahren arbeitet Bennecke bei McDonald's. 2018 hatte sie dort gejobbt, weil sie nach dem Abitur Geld für eine Australienreise brauchte. Als sie von der zurückkam, nach ein paar Monaten Farmarbeit an der Ostküste, Äpfel und Bananen pflücken, da fing sie gleich bei McDonald's an. Heute ist sie Schichtleiterin, ein Job, der häufig stressig ist.
McDonald's-Restaurantfilialen gibt es in Deutschland.
McDonald's-Mitarbeiter sind in Deutschland angestellt.
Umsatz machte die Kette 2020 in Deutschland.
McDonald's misst den Erfolg seiner Filialen nicht nur am Umsatz, sondern vor allem an der Zeit: Eine normale Bestellung, die über die Restauranttheke geht, darf höchstens 90 Sekunden dauern, eine Bestellung im McDrive 120 Sekunden. "Dafür muss man multitasken können", erklärt Bennecke. Vor allem in Hochphasen sei das wichtig, zur Mittagszeit oder am Wochenende. Vergangenes Jahr gab es eine Dauerhochphase: Als Deutschland im Frühjahr in den Lockdown ging, kamen die Kunden plötzlich in Kolonnen mit ihren Autos angefahren: Die Schlangen im McDrive waren länger, die Stimmung freundlicher als sonst. "Man hat richtig gespürt, wie dankbar die waren, dass wir noch aufhatten", sagt Bennecke. "Wir waren ja eine Zeit lang die Einzigen." Morgens, auf dem Weg zur Arbeit, sei sie wie durch eine Geisterstadt gefahren. Viele Kunden hätten sie gefragt, wie es ihr denn so gehe, hätten gute Wünsche mitgegeben und gesagt: "Passt auf euch auf."
Bisher machte die Fast-Food-Kette in Deutschland nur 30 Prozent ihres Umsatzes mit den Drive-ins. Durch die Pandemie stieg der Anteil auf mehr als 50 Prozent. Das boomende McDrive-Geschäft konnte die Lage zwar stabilisieren, die Einbußen aber nicht ersetzen. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Umsatz in Deutschland 2020 um 14,3 Prozent eingebrochen.
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