Schweden : „Wo ich herkomme, ist es okay, anders zu sein"
In dieser Serie stellen wir Menschen aus den Ländern vor, die bei der Fußball-WM um den Titel kämpfen. Heute: Karin Gustafsson.
Karin Gustafsson liebt Schwenker und Flammkuchen. Für die meisten Saarländer ist diese Vorliebe nichts Ungewöhnliches. Aber Karin kommt aus Schweden, aus einer kleinen Stadt im westlichen Teil des Landes: Uddevalla. Seit März nennt die 23-jährige Studentin Saarbrücken ihr Zuhause auf Zeit. Ein Auslandssemester hat sie in die saarländische Landeshauptstadt gebracht. Unter all den vielen und oft auch exotischen Zielen, die Studenten angeboten werden, wenn sie sich für Zeit im Ausland entscheiden, fiel Karins Wahl auf Saarbrücken - und damit ist sie mehr als zufrieden, denn von Schwenker und Flammkuchen kann sie einfach nicht genug bekommen.
Die angehende Wirtschaftsingenieurin mag Saarbrücken. Für sie hätte es keinen besseren Ort für ihr Auslandssemester geben können. „Klar, wollen viele immer in die großen Städte. Nach Berlin oder München, aber für mich ist Saarbrücken groß genug", erklärt Karin, während sie am Staden sitzt und eine Cola trinkt. Ihre Entscheidung nach Saarbrücken zu kommen, machte sie davon abhängig, welche Partner-Universität ihr die besten Möglichkeiten bieten konnte. „Saarbrücken stand da ganz oben auf meiner Liste", sagt Karin. Außerdem reizen sie die unbekannteren Städte fernab von den Metropolen. „Berlin und München kann ja jeder, aber in den kleineren Städten dazwischen gibt es doch auch so viel zu entdecken", gibt sie zu bedenken.
Es gebe zwar auch ziemlich viele Unterschiede zwischen der schwedischen und der deutschen Mentalität, meint Karin, aber in einem Punkt seien sich die beiden Nationen ziemlich ähnlich: im Fußball. „Die Schweden sind genau wie die Deutschen ziemlich fußballverrückt", erzählt Karin: „Die WM verfolge ich natürlich auch, aber ich schaue nur die Spiele von Deutschland und Schweden."
Einen Fernseher haben sie in der WG, in der die 23-Jährige in Saarbrücken lebt, zwar nicht, aber das halte sie nicht davon ab ihre Mannschaft aus der Ferne anzufeuern. „Ich werde in einer der vielen Kneipen schauen, und wenn Schweden ein Tor macht, werde ich auch lauthals mitgrölen und mich freuen", kündigt die Studentin an.
Sie hofft, dass Schweden möglichst weit kommt. Bauchschmerzen bereitet ihr allerdings das Spiel gegen Deutschland am kommenden Samstag (20 Uhr). „An dem Tag bin ich Gott sei Dank in Schweden, weil wir Midsommar feiern. Falls wir verlieren, kann mir dann wenigstens keiner sagen, dass unser Team schlecht ist", sagt Karin und lacht, bevor sie zugibt, dass sie Deutschland definitiv nicht die Daumen drückt. Dafür sei sie viel zu stolz auf ihr Heimatland.
Eine Chance sieht Karin aber dennoch für die schwedische Nationalelf: „Wir spielen dieses Jahr zum ersten Mal ohne Zlatan Ibrahimovic und ich denke, dass das ein Vorteil sein kann, weil er nie so richtig seinen Platz in der Mannschaft gefunden hat." Die Hoffnung ist da, sagt Karin - und alles andere werde sich jetzt zeigen.
Unabhängig von der großen Fußball-Liebe der beiden Länder, gibt es dennoch einige Unterschiede, mit denen Karin erst lernen musste klarzukommen. „Wenn ich einkaufen gehe und mich an der Kasse anstelle, dann rücken einem die Menschen ganz schön auf die Pelle. Das ist total komisch. Die Schweden sind da viel distanzierter", erzählt die 23-Jährige. „Und beim Bezahlen muss dann alles ganz schnell gehen. Da habe ich schon fast immer Panik davor", zählt Karin einen weiteren Unterschied auf - und lacht dabei. Ihrer Meinung nach sind die Schweden in vielerlei Hinsicht „einfach viel entspannter. Dort, wo ich herkomme, ist es okay anders zu sein. Die Deutschen sind da eher konservativer", sagt sie.
Nach diesem Semester wird Karin wieder zurück nach Schweden gehen. Flammkuchen und Schwenker wird sie vermissen, aber auch die vielen Feiertage. „Im Mai hatte ich so wenig Uni wie noch nie. Die Feiertage sind wirklich super, die bräuchten wir in Schweden auch", sagt Karin. Dennoch freut sie sich auf ihre Heimat, auf das Meer, schwedische Traditionen und auf ihre Familie und Freunde.