Jan Oliver Löfken

Journalist, Moderator, Physiker (Energie, Technik, Wissenschaft), Hamburg & Berlin

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Kalzium statt Lithium: Grundlage für neuen Akkutyp gelegt

Spezielle Elektrolytmischung ermöglicht erstmals wiederaufladbare Batterien mit Kalzium-Elektroden - Rohstoffvorkommen nahezu unerschöpflich

Bellaterra (Spanien) - Lithiumionen-Akkus sind als Stromspeicher für Elektronik und Elektromobile unverzichtbar und werden stetig verbessert. Dennoch werden auch andere Metalle auf ihre Akku-Taugleichkeit überprüft. Eine internationale Forschergruppe präsentierte nun in der Fachzeitschrift „Nature Materials" eine erste wiederaufladbare Batterie auf Kalziumbasis. Im Gegensatz zu Lithium sind die Vorkommen von Kalzium viel größer, so dass die Rohstoffversorgung langfristig gesichert wäre. Zudem könnten bei gleicher Leistung prinzipiell kleinere Akkus entwickelt werden, da Kalziumionen doppelt positiv geladen sind, Lithiumionen dagegen nur einfach.

„Wir sind davon überzeugt, dass diese Technologie mit günstigem und in großen Mengen verfügbarem Kalzium eine Zukunft haben wird", sagt Rosa Palacín vom Institut de Ciència de Materials de Barcelona in Bellaterra. Zusammen mit ihren Kollegen aus Belgien und Japan schaffte es die Akkuforscherin erstmals, auf der Basis von Kalzium eine wiederaufladebare Batterie zu fertigen. Bisher scheiterten Kalziumakkus an einer dünnen Passivierungsschicht auf der negative Elektrode, durch die Kalziumionen nicht in ausreichender Menge wandern konnten.

Dieses Problem lösten die Wissenschaftler mit einer speziellen Elektrolytmischung aus Ethylen- und Propylenkarbonat. In dieser Flüssigkeit lösten sie verschiedene Kalziumsalze. Mit Kalziumtetrafluoroborat erzielten die Forscher bei einer Akkutemperatur von 100 Grad Celsius die bisher besten Ergebnisse. Über 30 Ladezyklen lang konnten sich die Kalziumionen auf der negativen Elektrode absetzen, winzige Nanoteilchen aus metallischem Kalzium bilden und wieder in den Elektrolyten zurück wandern. Hochaufgelöste Mikroskopbilder und Strukturuntersuchungen mit Röntgenstrahlung bestätigten die Bildung der winzigen Kalzium-Nanoteilchen. Keine durchgängige Passivierungsschicht störte die für einen Akku wichtige Beweglichkeit der Ionen.

Mit diesem ersten Prototyp belegten Palacín und Kollegen, dass auch Kalzium prinzipiell für die Entwicklung von Akkus geeignet ist. Um für Akkus wichtige Werte wie Speicherkapazität oder Ladedauer anzugeben, sei es allerdings noch viel zu früh. Doch weitere Experimente in Zusammenarbeit mit dem japanischen Automobilkonzern Toyota sind vorgesehen, um das Potenzial von günstigen Kalziumakkus weiter auszuloten. Ob dieser Akkutyp in Zukunft in eine ernsthafte Konkurrenz zu Lithiumionen-Systemen treten könnte, lässt sich bei dem aktuellen Entwicklungsstand nicht beurteilen.

27.10.2015

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