In immer mehr Städten verhängen Gerichte Fahrverbote, Diesel-Besitzer ärgern sich über die Manipulationen an ihren Autos, zahllose Pendler warten vergeblich auf ihre Züge. Und dann ist da auch der stockende Netzausbau für flächendeckendes Internet und Telefonieren ohne Funklöcher. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat alle Hände voll zu tun. Der 44-Jährige empfängt die LinkedIn-Redaktion im Bundesverkehrsministerium in Berlin-Mitte. Im Interview erklärt er, wie die Bundesregierung Fahrverbote für ältere Diesel-Autos vermeiden will, was er jetzt von Deutschlands Autobauern erwartet – und wie er sich den Verkehr der Zukunft vorstellt.
Herr Scheuer, wir haben vor diesem Interview die LinkedIn-Mitglieder gefragt, was sie von Ihnen wissen möchten. Ein Thema war die Rolle von Pkw im Verkehrsmix. Der Studie “Mobilität in Deutschland 2017” zufolge werden Privatautos im Schnitt nur 45 Minuten am Tag gefahren. Ein LinkedIn-Nutzer schrieb dazu: “Viele Leute haben sich also nur deshalb einen Verbrenner gekauft, um zwei Mal im Jahr eine längere Strecke in den Urlaub fahren können.” Warum gibt es nicht schon jetzt einen Verkehrsmix, in dem die überwiegende Zahl der Pkw für die täglichen Kurzstrecken elektrisch fahren, und eine kleine Verbrennerflotte für Langstrecken zur Verfügung steht?
Ich würde mir wünschen, dass der Anteil der E-Autos in Deutschland deutlich höher ist. Die Produktpalette deutscher Autohersteller sieht aktuell aber nicht so aus, dass es die Kunden zufriedenstellen kann. Ich fordere die Hersteller auf, jetzt wirklich alltagstaugliche E-Autos, die attraktiv und erschwinglich sind, auf die Straße zu bringen. Das bezieht sich nicht nur auf Pkws, sondern vor allem auch auf Busse und Lkws. Die Mobilitätsrevolution wird voranschreiten und wir als Standort Deutschland mit dieser Leitindustrie müssen dabei sein, andernfalls wird das schwere wirtschaftliche Auswirkungen haben. Die deutschen Autohersteller sind hier in der Verantwortung.
VW-Chef Herbert Diess warnte zuletzt, dass manche deutschen Autokonzerne den digitalen Wandel womöglich nicht überleben. Reicht es, was Deutschlands Autobauer jetzt tun?
Endlich reagieren die deutschen Autohersteller auf den Wandel, zwar spät, aber Gott sei Dank immerhin. Ich würde mir von den Autokonzernen aber mehr Durchsetzungskraft und größere Überzeugung wünschen. Sie müssen schneller sein und eine breitere Palette an alternativen Antriebsformen anbieten. Momentan konzentriert sich alles auf die Elektromobilität. Wir wissen aber noch nicht, welches Antriebskonzept in zehn oder 15 Jahren führend ist.