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Credit Suisse: Das kann die Schweizer Großbank noch retten

Die Kurse purzeln bei der Credit Suisse. Schafft die Schweizer Großbank noch die Kehrtwende? Foto: ARND WIEGMANN/REUTERS

Es ist gerade DIE Horrorgeschichte am Finanzmarkt: Der Aktienkurs der Schweizer Bank Credit Suisse (CS) rauschte in den vergangenen Tagen in den Keller, nahm auch andere Großbanken wie die französische BNP Paribas mit.


Die Angst vor einem neuen Bankenbeben geht um, Gerüchte treiben die angeschlagene Schweizer Großbank in die Ecke. Wiederholt sich 14 Jahre nach der Lehman-Pleite ein ähnliches Desaster? Wie schlecht geht es der Bank? BILD beantwortet die wichtigsten Fragen.

Marktkapitalisierung um 80 Prozent eingebrochen

Seit Anfang 2018 ist der Aktienwert um 80 Prozent eingebrochen. 2017 hatte die Bank mit heute rund 50 000 Mitarbeitern noch einen Börsenwert von 45 Milliarden Franken, heute sind es nach einem Rekordtief in der vergangenen Woche nur noch rund zehn Milliarden Franken (rund 10,31 Milliarden Euro). Skandale haben Vertrauen gekostet Die Bank hat vor allem viel von ihrem wertvollsten Kapital verspielt: Vertrauen.

2019 empörte die Bank mit einer Spitzelaffäre. Sie ließ einen abtrünnigen Mitarbeiter in Gangstermanier auf der Straße beschatten, weil sie fürchtete, er könne lukrative Kunden mitnehmen. Dann rissen 2021 die Probleme des Finanzkonglomerats Greensill und der Zusammenbruch des US-Hedgefonds Archegos die Bank in die roten Zahlen.

Es folgten Verurteilungen wegen eines Korruptionsskandals in Mosambik, weil die Bank Geldwäsche einer bulgarischen Mafia nicht unterband sowie wegen Betrugs eines Mitarbeiters auf Bermuda. Gegen manche wehrt die Bank sich noch. Dazu kamen dieses Jahr negative Schlagzeilen über mögliche Konten Krimineller und korrupter Staatschefs bei der Credit Suisse.


Das kann die Credit Suisse noch retten

Anke Reingen, Analystin der Investmentbank RBC Capital Markets, schreibt in einer Studie: „Die CS muss entschlossen handeln, um ihre Geschäfte zu stabilisieren, ihre Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen und ihre Rendite zu verbessern."

Doch wie soll das gehen? Mit frischem Kapital: vier bis sechs Milliarden Franken (4,12 bis 6,18 Milliarden Euro).

Und es gibt ein weiteres Problem: Im derzeitigen Umfeld mit hoher Inflation und drohender Rezession an frisches Kapital zu kommen ist äußerst schwierig.


RBC-Analystien Reingen zufolge hat die Bank drei Optionen:

▶︎ Kapitalerhöhung: Eine Möglichkeit, an die Milliarden zu gelangen, ist die Ausgabe neuer Aktien. Allerdings würden so die Anteile der Altaktionäre stark verwässert werden und diese mussten bereits seit Jahresbeginn ein Minus von saftigen 60 Prozent einstecken.


▶︎ Sanierung aus eigener Kraft: Für einige der riskanten Geschäftsfelder der Investmentbank muss die Credit Suiss aufgrund regulatorischer Anforderungen viel Eigenkapital hinterlegen. Dieses dient als Absicherung. Fährt man nun diese Geschäfte zurück oder steigt ganz aus ihnen aus, dann könnte das frei werdende Kapital genutzt werden.


► Veräußerung von Geschäftsanteilen - die dritte Möglichkeit laut RBC-Analystin Reingen.

Es ist bereits klar, dass ganz ohne die Veräußerung von Vermögenswerten die Sanierung der Credit Suisse scheitern wird. RBC erwartet, dass die Bank einen 40-Prozent-Minderheitsanteil an einen externen Investor verkaufen könnte. Der Gewinn für die Schweizer Großbank: etwas mehr als eine Milliarde Franken.


Das Problem jedoch: Käufer für Teile des Investment-Bankings zu finden, die auch noch einen guten Preis bezahlen, dürfte sich als schwierig erweisen.

Am Freitag versuchte die Bank, sich Luft zu verschaffen. Sie kündigte den Rückkauf von Schuldpapieren an. Das Signal: Sie verfügt erstens über die nötigen Mittel - drei Milliarden Franken - und hält die Kurse der Papiere für zu niedrig.


Droht wirklich ein neuer Lehman-Brothers-Crash?

Investoren und Kunden der Credit Suisse sind nervös. Kann die Bank sich gesundschrumpfen? Droht eine Pleite wie bei Lehman Brothers? „Die Bank gerät aufgrund der Spirale an Gerüchten, Kurskorrekturen und Skandalen zusehends in einen Teufelskreis", schrieb die „Neue Zürcher Zeitung".


Die Ratingagentur S&P hielt zwar zunächst an ihren Kreditratings für die Credit Suisse fest, stellte aber angesichts der Weltwirtschaftslage und Turbulenzen an den Kapitalmärkten „zunehmende Risiken" für den operativen Turnaround fest. Ob deshalb ein zweites Lehman Brothers droht, ist fraglich.

Während auf der einen Seite Top-Ökonomen mit einem neuen Bankenbeben rechnen Hier geht's zur Newsletter-Anmeldung. (BILD berichtete), halten viele Analysten den Lehman-Vergleich für haltlos: Die Credit Suisse stecke zwar in Schwierigkeiten, „aber es ist kein Lehman-Moment", schrieb der US-Finanzmarktdienst Seeking Alpha.

Auch andere Analysten glauben nicht, dass die Credit Suisse die Finanzmärkte wie einst Lehman Brothers in einen Abwärtsstrudel reißen könnte. „In der Finanzkrise hat man völlig andere Regulierungen gehabt, was Kapital und Liquidität angeht", sagt Andreas Venditti, Bankenanalyst der Bank Vontobel, in der Schweizer SRF-Fernsehsendung „10 vor 10". „Banken allgemein und die Credit Suisse stehen sehr viel besser da als die Institute in der Finanzkrise." Unter anderem müssen sie heute mehr Eigenkapital als damals haben und einen Notfallplan für Finanznöte.

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