Gleich würde sie tot sein, gleich würde sie ersticken, da war sich Svenja Beck sicher. Sie lag auf den Badezimmerfliesen. Über ihr kniete ihr Partner Daniel*. Er hatte seine Hände um ihren Hals gelegt. Drückte zu. Sie würgte, fühlte, dass sie kurz davor war, das Bewusstsein zu verlieren. Aus Angst vor dem, was kommen würde, nässte sie sich ein. Und während Daniel weiter zudrückte, sagte er zu ihr: "Dieses Mal bringe ich dich wirklich um."
Es war gegen drei Uhr nachts, am 9. April 2016. Ein paar Stunden zuvor hatte Daniel bei einem Spieleabend verloren.
Beinahe jeden Tag versucht ein Mann in Deutschland, seine Partnerin oder Ex-Partnerin umzubringen, jeden dritten Tag gelingt es einem. 2021 starben in Deutschland 113 Frauen durch die Hand ihres aktuellen oder ehemaligen Lebensgefährten. Zum Vergleich: Im selben Jahr wurden 14 Männer von ihrer Partnerin oder Ex-Partnerin getötet. Die Meldungen – in denen zunächst von mutmaßlichen Tätern die Rede sein muss – fallen kaum auf, weil sie zu alltäglich sind. Eine Auswahl aus dem vergangenen Monat:
6. Dezember, Menden: Ein 46-Jähriger soll erst seine von ihm getrennt lebende Frau und dann sich selbst getötet haben. Im September war der Mann bereits wegen häuslicher Gewalt in Gewahrsam genommen worden.
7. Dezember, Neukirchen: Ein 55-Jähriger soll seine ehemalige Partnerin in der gemeinsamen Wohnung erschlagen und sich dann im Dachgeschoss erhängt haben.
9. Dezember, Dierdorf: Ein 32-Jähriger soll seine Ex-Partnerin mit einem Messer getötet haben. Ihre Leiche wurde entdeckt, nachdem der Verdächtige sein Auto, in dem er die Tote transportierte, in die Leitplanke gesetzt hatte.
11. Dezember, Schwerin: Eine 42-Jährige stirbt an Stich- und Schnittverletzungen. Ihr Partner soll sie nach einem Streit getötet haben.
12. Dezember, Lachendorf: Ein 79-Jähriger soll seine Frau im Schlaf mit einem Kissen erstickt haben, bevor er selbst die Polizei alarmierte.
14. Dezember, Hamburg: Eine 34-Jährige soll von ihrem Partner erstochen worden sein. Die Polizei nahm den flüchtenden Mann fest.
16. Dezember, Bochum: Eine 45-Jährige stirbt infolge schwerer Verletzungen, die ihr der Ehemann zugefügt haben soll
22. Dezember, Rottweil: Die Polizei findet den Leichnam einer zuvor vermisst gemeldeten 57-Jährigen. Getötet hatte sie mutmaßlich ihr Ehemann.
Taten wie diese haben nichts mit Liebe zu tun. Frauen werden von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet, weil sie sich nicht so verhalten haben, wie diese Männer es von Frauen erwarten. Taten wie diese sind auch keine Einzelfälle. Das zeigt neben einem schnellen Blick auf die Meldungen eines Monats die seit Jahren konstante Anzahl der Tötungen von Frauen durch ihre Partner oder Ex-Partner, die als Femizide bezeichnet werden.
Der stern hat mit Aktivistinnen gesprochen, die fordern, Frauen besser zu schützen. Mit Forscherinnen, die erklären, warum Männer töten. Mit einem Richter, der beklagt, dass die Taten nicht verhindert werden. Und mit einer Frau, die überlebt hat.
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