Eine schwedische Wirtschaftsdelegation unter der Leitung von Handelsministerin Ann Linde besuchte vergangene Woche Teheran, und viele reagierte entsetzt.
Alle Schwedinnen trugen Kopftuch!Auch die Handelsministerin hatte ihr Haupt verhüllt. Dabei hatte die schwedische Regierung noch vor kurzem behauptet, die erste „feministische Regierung" der Welt zu sein.
Jetzt haben die Schwedinnen zu Hause mächtig Ärger! So schrieb die Zeitung „Expressen" am Mittwoch in einem Leitartikel: „Die Proteste gegen das Kopftuch waren irritierend". Die Zeitung verglich die Proteste gegen den Teheran-Auftritt mit einer Aktion aus dem Jahr 2013, als Schwedens führende Politikerinnen aus Solidarität mit den muslimischen Frauen für einen Tag freiwillig ein Kopftuch trugen. Beide Haltungen seien fraglich. Aber: „So lange Schweden überhaupt Beziehungen mit unangenehmen Regimen führt, wird unser kleines, vom Export abhängiges Land Kompromisse eingehen müssen."Die schwedische Regierung behauptet von sich, die „erste feministische Regierung der Welt" zu sein Foto: unwatch.org
Menschenrechtler weltweit hatten dagegen protestiert, dass Schweden mit seinen kopftuchtragenden Frauen offenbar den einfachsten Weg gewählt und man sich nicht darum bemüht hatte, die Iraner in ein Drittland oder nach Schweden zu bitten.
Andere hatten erwartet, dass Schweden vollkommen auf Handelsabkommen mit dem Iran verzichtet.
So schrieb Devin Rexvid vom Institut für Sozialwissenschaften an der Universität Lund, ebenfalls in „Expressen":
►„Dieser Auftritt war ein Schlag ins Gesicht für alle, die seit Jahrzehnten gegen die Diktatur der Mullahs kämpfen. Wenn die Mitglieder einer feministischen Regierung eines Landes, das sich als „humanistische Großmacht" bezeichnet, so etwas tun, kollidiert das mit allen feministischen Ansprüchen."Rexvid wirft der Ministerin und ihren Mitarbeiterinnen vor, sich für die Interessen der Frauen zu wenig eingesetzt zu haben:
►„Weiß Ann Linde eigentlich, was den Frauen im Iran passiert, wenn sie kein Kopftuch tragen? Es gibt Frauen, denen Säure ins Gesicht geschüttet wurde. Anderen wurden die Haare abgeschnitten. Sie wurden verhaftet, gefoltert. Nach iranischem Gesetz darf eine Frau ohne ihren Vater, Ehemann oder Bruder nichts."
Ministerin Ann Linde verteidigte nach der Iran-Reise die Kopftuch-Wahl:
„Im Iran ist das Kopftuch Gesetz. In Saudi-Arabien steht es nicht im Gesetz. Wenn wir dort nächstes Monat hinreisen, werden wir kein Kopftuch tragen. Im Iran hatte ich aber nun Treffen mit acht Ministern. Wir konnten mehrere Verträge für schwedische Unternehmen ausarbeiten. Außerdem konnte sich die schwedische Delegation bei allen Treffen zu Menschen- und Frauenrechten äußern, was wir natürlich auch getan haben."
Schwedens Handelsministerin Ann Linde (l.) trug Kopftuch und dunkle Kleidung, als sie sich mit der iranischen Familienpolitikerin Shahindocht Molaverdi trafFoto: Ebrahim Noroozi / AP Photo / dpa
In Schweden wurde Linde hauptsächlich von dem liberalen Politiker Jan Björklund kritisiert.
Die Ministerin schrieb dazu auf ihrer Facebook-Seite: „Die schwere Situation der Frauen im Iran ist wohlbekannt. Laut den Forderungen der Liberalen hätte ich zuhause bleiben müssen, statt meine Arbeit zu machen. Und das nur, weil ich eine Frau bin. Das, Jan Björklund, kannst du vergessen."
Rückendeckung bekommt Ministerin Linde von Außenministerin Margot Wallström:
„Schwedens feministische Außenpolitik hat weltweit zu Erfolgen geführt. Die Kritik von Jan Björklund war reiner Populismus. Man darf nicht vergessen, dass man als Frau überhaupt nicht in den Iran reisen kann. Es ist deshalb wichtiger, dass man sich dort zu diesen Fragen äußert. In anderen Zusammenhängen kann man dann die Menschenrechts- und Frauenrechts-Organisationen unterstützen."
Folgen Sie hier unserer Facebook-Seite zum Thema Frauenrechte weltweit.