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Warten auf den "Wumms"

Bis Jahresende wurde die Mehrwertsteuer gesenkt. Doch wer profitiert davon?

Um den Konsum anzukurbeln, gilt in Deutschland bis Jahresende eine geringere Mehrwertsteuer. Steigt dadurch die Kauflaune der Verbraucher? Eine Zwischenbilanz.


Zwei Cent weniger für eine Gurke, zehn Cent weniger für eine Packung Waschmittel: Beim Lebensmitteleinkauf muss Janine Cafaro auf die Preise achten. Obwohl sie und ihr Mann arbeiten, bleibt der Familie aus Rosenheim wenig Geld zum Leben. Die vielen überklebten Etiketten im Laden versprechen, dass an der Kasse ordentlich gespart werden kann.

Mit der gesenkten Mehrwertsteuer sollen Familien wie die Cafaros entlastet werden. Der Kassensturz folgt dann zu Hause: 55,93 Euro hat Janine Cafaro bezahlt und ganze 1,14 Euro gespart: "Das bringt uns nicht viel. Wir kommen günstiger weg, wenn wir nach Rabatten und Sonderangeboten schauen."

"Eher ein Wümmschen als ein Wumms"

Seit Anfang Juli gilt die gesenkte Mehrwertsteuer. Bis zum Jahresende werden auf Waren und Dienstleistungen statt 19 nur noch 16 Prozent fällig. Der niedrigere Satz, etwa für Lebensmittel oder Zeitungen, sinkt von 7 auf 5 Prozent. Der Staat verzichtet auf Steuereinnahmen von 20 Milliarden Euro. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will so mit "Wumms aus der Krise" kommen. Doch von einem "Wumms" ist bisher nicht viel zu spüren. Das haben die Recherchen von Frontal 21 ergeben.

Händler Jean Hannawald hat einen Möbelladen in Berlin. "Das war eher ein Wümmschen als ein Wumms. Die Mehrwertsteuersenkung hat bei uns zu keinem Nachfrageschub geführt", sagt er. Viele Verbraucher seien noch verunsichert durch die Krise, würden ihr Geld eher sparen, als größere Anschaffungen zu machen, bestätigen auch Marktforscher.

Armutsforscher: Reiche profitieren

Janine Cafaro hat außerdem beobachtet, dass einige Lebensmittel teurer geworden sind. Laut Statistischem Bundesamt sind die Kosten für Obst im Juni im Vergleich zum Vorjahr um 11,1 Prozent gestiegen. Fleisch- und Wurstwaren sind 8,2 Prozent teurer geworden. "Ich denke, dass man am Ende durch die Mehrwertsteuersenkung gar nichts spart, wenn die Preise vorher schon angehoben wurden", sagt Cafaro.

Für Armutsforscher Professor Christoph Butterwegge zeichnet sich ab, dass vor allem Besserverdiener von der Steuersenkung profitieren: "Verbraucher, die mehr verdienen und die sich hochwertige Konsumgüter kaufen können, zum Beispiel einen SUV oder einen Sportwagen, die werden mit mehreren tausend Euro entlastet. Auf der anderen Seite werden die, die wenig Geld haben, davon kaum profitieren, weil bei preiswerten Produkten der Effekt sich eher im Cent-Bereich bewegt."

Autohändler hofft auf das Jahresende

Wenn der Autoverkäufer den neuen Steuersatz an seine Kunden weitergibt, lassen sich schnell vierstellige Summen sparen. Doch der große Ansturm auf sein Autohaus sei bisher ausgeblieben, sagt Joachim Frey.

Der Autohändler aus Gersthofen bei Augsburg hofft nun auf den Spätherbst: Kurz bevor die Mehrwertsteuer zum Jahreswechsel wieder steigt, könnten einige noch zuschlagen, um die Ersparnis noch mitzunehmen.

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