Die Versprechungen klangen verlockend. Ein deutscher Galerist auf Mallorca, Michael L., bot Malern eine garantierte Abnahme ihrer Bilder an. Die Kosten waren übersichtlich, lediglich eines von sieben in Kommission überlassenen Bildern wollte die Galerie als Bezahlung behalten. Ein gutes Angebot, erhalten doch andere Galerien bis zu fünfzig Prozent des Verkaufspreises. Die "Robinson Business @ Art Akademie S.L." mit Sitz im sonnigen Campos auf Mallorca versprach viel. Von Vernissagen und Events, von internationalem Austausch mit anderen Galerien und einem Kunstvertrieb mit Außendienst war die Rede. Der "Kunstvertrieb", wie Michael L. sein Unternehmen selbst nannte, unterhalte "ein eigenes Vermittlerteam, welches Kunstleasing und Direktverkauf für Firmen, Hotels und Privatpersonen" anbiete. Versprechungen die Hoffnungen weckten.
Auch den Kunstsammlern bot L. erstaunliche Perspektiven. Für eine neue Anlageform, "Kunstrente" genannt, garantierte er den Investoren eine Rendite von stolzen 20 Prozent. Ideale Bedingungen für Künstler und Käufer - so schien es. Doch die Realität sah eher traurig aus. Nur zwei von rund zwanzig befragten Künstlerinnen und Künstlern konnten dem Autor von Kunstverkäufen berichten. Alle anderen Künstler haben keinen einzigen Verkauf verbucht. Im Gegenteil, viele von ihnen fürchten sogar um ihre Bilder. Denn Michael L. ist untergetaucht, seine Galerie auf Mallorca geschlossen, seine Büro in Leipzig ist verlassen. Die Künstler hoffen nun ihre Bilder über die spanische Polizei doch noch zurück zu bekommen.
Während am deutschen Wohnort des Michael L. In Leipzig gut ein Dutzend Anzeigen vorliegen und über die Ermittlungen nichts bekannt ist, genügten dem Landeskriminalamt der Steiermark in Graz bereits zwei Anzeigen, um über Interpol Wien die spanische Polizei um Rechtshilfe zu bitten. Die Guardia Civil auf Mallorca wurde eingeschaltet und auch gleich aktiv.
Innerhalb weniger Wochen konnte sie einen wichtigen Erfolg vermelden: Sie fand eines der Kunstlager, stellte insgesamt 240 Bilder sicher. Und nicht nur das - statt den sonst üblichen beschwerlichen Behördenweg über spanische und deutsche Behörden im Rahmen der Rechtshilfe zu nehmen, informierte die Guardia Civil per Email in deutscher Sprache alle der Polizei bekannten Künstler der Galerie L. vom Kunstfund und bat sie um Mithilfe bei der Identifizierung ihrer Bilder durch die Übersendung von Fotos ihrer vermissten Werke.
So unbürokratisch kann Polizeiarbeit in Europa sein. Doch die Suche nach den vermissten Bildern ist damit noch nicht ganz beendet. Denn nach Angaben einer der Künstler, werden noch rund einhundert weitere Bilder und Skulpturen vermisst.
Nicht einmal die Frage, ob um Rechtshilfe ersucht wurde, mochte die Staatsanwaltschaft in Leipzig beantworten. Ihr Sprecher Staatsanwalt Ricardo Schulz teilte lediglich mit, dass er nichts sagen könne - denn so Schulz: "Einzelheiten zu den laufenden Ermittlungen der deutschen Strafverfolgungsbehörden kann ich ihnen aktuell nicht mitteilen, um diese Ermittlungen nicht zu gefährden." Eine Rückfrage beim Bundeskriminalamt, gleichzeitig die deutsche Interpol-Stelle, ergab, dass man dort zwar Kenntnis hat von einer Anfrage der Grazer Polizei hat, es aber keine deutsche Fallakte gibt. Dieser Aussage nach gibt es auch Wochen nach den Anzeigen der Künstler nicht einmal ein Rechtshilfeersuchen der Leipziger Polizei und Justiz.