Hanns-J. Neubert

Wissenschafts- & Technikjournalist, Autor, Hamburg

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Artikel

Kryptowährung von Staats wegen

Riksbank-Vizechefin Cecilia Skingsley

Wer wissen will, wie eine bargeldlose Gesellschaft funktionieren könnte, muss nach Norden reisen. Schweden fördert das E-Geld.

Während die Deutschen gerade einmal 20 Prozent ihrer Einkäufe mit Plastikkarten und Smartphones bezahlen, erledigen die Schweden 85 Prozent ihrer Zahlungen bargeldlos. Einige Läden nehmen überhaupt kein Bargeld mehr an.

Allerdings birgt solch ein bargeldloses Finanzsystem auch Gefahren. So sorgt sich die Chefetage der schwedischen Zentralbank (Riksbank), dass sie in Krisenzeiten die Kontrolle über den nationalen Finanzmarkt und die Stabilität der Krone verlieren könnte. Denn das vom schwedischen Staat ausgegebene Geld ist gegen das Risiko eines Bankenzusammenbruchs gefeit, während die Einleger bei Geschäftsbanken nur bis zu einer bestimmten Höhe versichert sind.

Sorge um die schwedische Krone

Ohne Bargeld gäbe es zudem keinen direkten Kontakt mehr zwischen Bürgern und Zentralbank: Alle Transaktionen liefen über die Privatbanken. Nicht zuletzt ginge der Riksbank ohne Bargeldausgabe eine Einnahmequelle verloren.

Das soll die elektronische Ausgabe der Schwedenkrone verhindern, mit der die Riksbank der Bevölkerung künftig Zugang zu Notenbankgeld ermöglichen will. Die sogenannte "e-krona" dürfte bereits ab 2020 die herkömmlichen Münzen und Geldscheine als Zahlungsmittel ergänzen. Welche Technik dabei zum Einsatz kommt, soll bis Ende dieses Jahres entschieden werden.

Unter der Leitung von Vizechefin Cecilia Skingsley spricht die Riksbank jetzt mit 19 Fintech-Unternehmen über eine passende Technologie für die schwedische E-Krone. In die Beratungen eingebunden ist auch die deutsche Firma Giesecke+Devrient. Sie gilt als Marktführer bei Banknoten- und Wertpapierdruck, ist an der Chipkartenherstellung für Bankanwendungen beteiligt und hat die SIM-Karten für Mobiltelefone mitentwickelt. Auch die Expertise der Berliner IOTA-Stiftung ist gefragt, die eine Open-Source-Kryptowährung gleichen Namens fördert.

Blockchain ist nur eine von vielen Möglichkeiten

Die Blockchain-Technik, die beispielsweise Bitcoin nutzt, soll allerdings bei der E-Krone nicht zum Einsatz kommen, so der Tenor des seit Ende 2017 vorliegenden Zwischenberichts von Skingsley. Es sei nicht klug, sich auf eine einzige Technik festzulegen, die sich in der Zukunft vielleicht als wenig flexibel erweisen könnte, schreibt sie darin.

Dem Bericht zufolge schwebt der Riksbank vielmehr eine Mischung aus einer registerbasierten und einer wertorientierten Lösung vor. Die registerbasierte Geldeinheit würde zentral in einer Datenbank bei der Riksbank gespeichert: Dann könnten die Schweden etwa eine elektronische Geldbörse bei der Zentralbank führen und darüber E-Geld tauschen. Bei der wertorientierten Lösung würden die Bürger die E-Kronen auf ihrer Bankkarte oder ihrem Smartphone deponieren und könnten damit moderate Beträge anonym bezahlen. Der Vorteil: Das Smartphone muss für Zahlungen nicht online sein.

Mit der E-Krone will die schwedische Notenbank sich wieder stärker ins Spiel bringen und langfristig ihren Einfluss sichern. Man will wohl vor allem auch den privaten Digitalwährungen nicht allein das Feld überlassen. Denn die aktuellen elektronischen, ausschließlich privat betriebenen Zahlungsmethoden konzentrieren sich auf nur wenige Banken und Zahlungsdienste. Aber solch eine Konzentration könne auf lange Sicht eine Gesellschaft verwundbar machen, warnt Stefan Ingves, der Chef der Riksbank.

( Hanns-J. Neubert)

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