Text Hannah Schmidt · Titelbild Dimitrios Sapanidis ( CC BY-NC-ND 2.0) · Datum 11.11.2020
Als wäre nicht der erste Shutdown und die damit verbundene vorübergehende Schließung aller Kulturstätten, Theater und Konzerthäuser schon schwer genug für Künstler:innen und Veranstalter:innen gewesen - und ja, auch fürs Publikum -, wiederholt sich dasselbe Szenario nun seit über einer Woche für viele wie in einem schlechten Traum. Hier grüßt zwar einerseits das Murmeltier - aber andererseits auch nicht, denn die freiberuflichen Kulturschaffenden, die nun wieder nicht arbeiten dürfen, wieder mit abgesagten Auftritten umgehen müssen und wieder kein Geld verdienen, haben jetzt, im November 2020, schon sieben Monate Dürrephase hinter sich."Dieses Mal ist es anders", sagt Trompeter Simon Höfele vergangene Woche am Telefon, "weil sich das Angstbild grundlegend geändert hat. Wir wissen jetzt, woran wir sind und wie scheiße es wirklich sein kann. Wenn man all das jetzt wiederkommen sieht, ist das ein Schlag ins Gesicht, aber mit Ansage." Er selbst, das betont er immer wieder, habe Glück gehabt: keine Familie, die von seinen Honoraren mit lebt, kein frisch gekauftes Haus, keine absolute Auftrittsflaute in den vergangenen Monaten. "Ich habe zwar fest damit gerechnet, dass es so kommen wird", sagt er. "Aber von Woche zu Woche wurde mir klarer: Ich will das nicht nochmal erleben." Höfele vermeidet zwar konsequent, die Option, den Musikerberuf aufzugeben, beim Namen zu nennen, nachgedacht habe er über die "Gretchenfrage" schon. "Obwohl es bei mir noch nicht so weit ist, zum Glück", sagt Höfele und lacht kurz: "Und ich sage schon ›noch‹." Für ihn könnte die Fotografie ein Plan B sein.
Cembalistin Elina Albach berichtet von Schicksalen, die sie selbst im beruflichen Umfeld miterlebt hat: "Ich kenne viele Kolleg:innen, die in den ersten Monaten kellnern gegangen sind, was ihnen jetzt im zweiten Shutdown aber wieder wegbricht. Außerdem weiß ich von einer fantastischen Sängerin aus Basel, die jetzt als Straßenbahnschaffnerin arbeitet. Sie ist eine der tollsten Altistinnen, die ich kenne, und es ist ein unglaublicher Verlust für die Szene." Nachvollziehen könne sie die Entscheidung dennoch: "Sie hat ein Kind und braucht von irgendwoher Einkünfte und eine gewisse Zuverlässigkeit."