Unsere Reporterin Hanna Andresen hat einen Fernbus getestet und ist von Flensburg nach Kiel gefahren. Auf der Fahrt hat sie mit einigen Passagieren gesprochen und auch einen Blick in die Bord-Toilette geworfen.
Da steht er also. Direkt vor dem Bahnhofsgebäude in Flensburg. Der FlixBus nach Berlin. Ein Pärchen liegt sich in den Armen. Küsse und sehnsüchtige Blicke werden ausgetauscht. Zwei Frauen unterhalten sich auf Polnisch, lachen und verabschieden sich mit einer festen Umarmung. Gleich daneben steigt weißer Qualm in die Luft - ein Mann zieht noch ein letztes Mal genüsslich an seiner Zigarette, bevor er in den Reisebus steigt.
Die Luft ist klar an diesem Morgen um kurz vor 7.30 Uhr. Noch sind die Klappen zum Gepäckraum geöffnet und der Busfahrer verstaut einzelne Koffer und Taschen. Allmählich steigen die Passagiere in den Bus ein, winken noch einmal zum Abschied und suchen sich einen Platz in den vielen freien Reihen.
Während der Fernreisebus gemächlich über das Kopfsteinpflaster rollt, macht der Busfahrer noch eine Ansage: WLAN und Steckdosen sind für alle Mitreisenden verfügbar. Der 17-jährige Erik Riedelsdorf hat sich einen Sitzplatz in der Mitte des Busses gesucht. Der Berliner weiß es zu schätzen, dass er während der sechseinhalbstündigen Fahrt in die Hauptstadt gratis im Internet surfen kann. Dem angehenden Studenten ist auch aufgefallen, dass man genügend Beinfreiheit hat - selbst als 1,84 Meter großer Mensch dockt man nicht an den vorderen Sitz.
Etwas anders sieht es auf der Bord-Toilette aus. Der Platz hier ist eng, obwohl ein Mensch mit 1,84 Meter Körpergröße nicht mit dem Kopf an die Decke stößt, macht sich ein beklemmendes Gefühl breit. Das mag aber auch an dem leicht beißenden Geruch liegen, der ebenso davon ablenkt, dass die Toilette im Großen und Ganzen in Ordnung ist. Schnell zurück auf den Platz. Hier hängen keine unangenehmen Gerüche in der klimatisierten Luft.
Einige Reihen hinter Erik sitzen zwei weitere Passagiere. Das Mädchen schminkt in Ruhe ihre Wimpern, während der Berliner weiter von seinen Eindrücken der Fernreise erzählt: „Ich fahre jetzt ja noch sechs Stunden, aber bisher ist alles in Ordnung, sauber isset und ich würde auf jeden Fall noch mal mitfahren, wenn ich noch kein Auto habe."
Etwas weniger als Erik, der 19 Euro für eine Fahrt bezahlt hat, haben Andre K. und seine Freundin Shamme A. ausgegeben. Die beiden Studenten wollen aber auch nur bis nach Kiel und zahlen dafür fünf Euro pro Fahrt. In Kiel hat Andre einen Arzttermin und Shamme hält sich wegen Uni-Angelegenheiten und größeren Shopping-Möglichkeiten in der Stadt auf. Die beiden sind keine Fernbus-Neulinge. „Es ist jetzt das dritte Mal, dass wir mit diesem Bus fahren. Es ist bequem und man kann sich darauf verlassen, dass die Busse fahren", erklärt der 24-Jährige, der von privaten Mitfahrgelegenheiten weniger begeistert ist, da die Fahrer auch mal kurzfristig absagen.
Während Andre erwähnt, dass er ein ungutes Gefühl bei längeren Busreisen haben würde, weil er in einer Dokumentation von übermüdeten Busfahrern erfahren hat, rollt der Bus die Rader Hocbrücke hinauf. Die Sonne hüllt die Landschaft um den Kanal in ein weiches Licht. Der Blick huscht über die am Bus vorbei rauschenden Autos in die Ferne. Das Pärchen hat es sich nun auch gemütlich gemacht. Shamme legt den Kopf auf die Schulter von Andre und hört Musik.
Der Bus verlässt die A7 und dreht auf die B 210. Noch 25 Minuten Fahrtzeit bis nach Kiel.
Lediglich acht Personen sind in Flensburg eingestiegen. Sie alle haben ausreichend Platz und ihre Ruhe. Aus dem hinteren Teil des Busses ertönt zwar ab und an Getuschel und Lachen, jedoch fühlt sich niemand durch die anderen Fahrgäste gestört. Meist sei der Bus so leer, sagt Shamme. Doch sie habe es auch schon erlebt, dass mehr Fahrgäste in Flensburg einsteigen. Doch egal wie voll der Bus ist, alle Passagiere können sicher sein, dass ein Platz für sie reserviert ist. Diesen Aspekt betrachtet Erik als Vorteil im Vergleich zu Zugfahrten - sofern man keine kostenpflichtige Reservierung tätigt.
Auf der rechten Seite, im hinteren Teil des Busses, hat Kathrin Jensen aus Husum es sich gemütlich gemacht. Hier scheint die Sonne nicht direkt durch die Fensterscheibe. Die 19-Jährige hört Musik und zupft sich die Ohrstöpsel mit einem Lächeln aus den Ohren. Sie erzählt, dass sie bis nach Berlin fährt, um eine Freundin zu besuchen, die in die Hauptstadt gezogen ist. Kathrin kennt Fernbusse wie Flixbus und erkundet sich bei jeder Reise, die sie macht, nach möglichen Busrouten. „Es ist günstig. Ich habe zwar ein Auto, aber alleine wäre mir die Fahrt zu teuer und auf Mitfahrer habe ich keine Lust, die kommen dann nicht oder so." Um sich die Zeit zu vertreiben vertraut die 19-Jährige vollkommen auf ihr Handy - von dem gratis Wlan wusste sie aber noch nichts und ist ganz überrascht. Die Ansage des Busfahrers hat sie wohl überhört - sehr deutlich war diese auch nicht.
Um 8.33 Uhr erreicht der Bus Kiel und bahnt sich seinen Weg durch die Stadt bis zum Busbahnhof Am Sophienblatt. Das ständige Halten wegen der roten Ampeln kostet Zeit, doch um Punkt 8.45 Uhr steht der Bus. Perfekt im Zeitplan also. Shamme und Andre verabschieden sich und machen sich auf den Weg. Um 13.45 Uhr werden sie mit einem anderen Bus des Unternehmens wieder zurück nach Flensburg fahren und müssen ihre Zeit in Kiel gut ausnutzen.
Erik und Kathrin bekommen indessen neuen Besuch. Weitere Fahrgäste steigen dazu und der Gepäckraum füllt sich. Diese Gelegenheit kann für eine weitere Zigarette genutzt werden. Nach fünf Minuten geht es dann weiter. In Bad Segeberg, Lübeck und Wismar warten schließlich weitere Fahrgäste.
von Sarah Erichsen und Hanna Andresen erstellt am 26. August 2014 | 19:47 Uhr