„Der Notizblock war unser Zauberbuch, beschwor die Urgewalten des Asphalts herauf, ältere Götter, weinende Vorfahren, und sie alle standen hinter mir."
Eine schwarzer Junge entdeckt das Reimen, den HipHop, das Trommeln auf einer Djembé. Das wird seine Rettung, damals in den Achtzigerjahren in einem von Gewalt und Arbeitslosigkeit geprägten Viertel von Baltimore. Der Zwölfjährige ist Ta-Nehisi Coates, heute einer den wichtigsten Intellektuellen der USA. In seiner temporeichen Mini-Autobiografie „The Beautiful Struggle. Der Sound der Straße" (Blessing, übersetzt von Bernhard Robben) blickt er zurück.
Coates beschreibt sein früheres Ich als eher linkisch, mittelmäßig und unmotiviert, lange nicht so cool wie die anderen schwarzen Jungs aus den Gangs. Sein Vater, die prägendste Figur in seinem Leben, ist ständig pleite, ein schamloser Casanova, er hat sieben Kinder von vier Frauen, predigt über Schwarze Identität und Malcom X, und er legt viel Wert auf Wissen und Bildung. Wenn seine Söhne sich doof anstellen, schlägt er sie mit seinem Ledergürtel. Fürsorge und Gewalt liegen nah beieinander, und die Schwarzen in der Nachbarschaft beschimpfen sich selbst ständig als „Motherfucker" oder „Nigger".
Zum Glück entdeckt Ta-Nehisi irgendwann HipHop, und der Sound der Straße wirkt bewusstseinserweiternd. Endlich kriegt er die Kurve und schlafwandelt nicht länger durch sein Viertel. Er schreibt Reime und liest viel, und jetzt, viele Jahre später, schaut er ehrlich, unverstellt und mit Selbstironie auf sein Erwachsenwerden. Die Kapitelüberschriften stammen übrigens von Klassikern des HipHop, etwa von Eric B & Rakim, A Tribe called Quest oder den Jungle Brothers. Damit ist auch klar: Das ist eine rhythmische, energiegeladene, schnelle Story mit Slang-Vokabular. Fazit: Aufregende Literatur live aus der Black Community über ein Kind unter dem Einfluss von Black Panther, Straßenkriminalität und Bürgerrechtsaktivist*innen.
Ich stelle das Buch am 24. Juli in meiner Literatursendung auf egoFM vor. Zur Show hier.