Gerd Blank

Autor, Text, Podcast, Moderation, Hamburg

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Taschenmesser im Test: Echt scharf

Mein erstes Messer bekam ich von meinem Vater, etwa sieben Jahre war ich damals wohl alt. In der heutigen Zeit würde wahrscheinlich die Verhaltenspolizei an unsere Tür klopfen, damals war es kein Problem, auch Kindern ein Taschenmesser in die Hand zu drücken. Natürlich war es ein Schweizer Armeemesser, die kleine Version von dem, das mein Vater immer in seiner Hosentasche mit sich führte. Damit schnitze er kleine Flöten aus den Ästen einer Weide, schnitt sich bei einer Wanderung einen Apfel zurecht oder ein Stückchen von einer Salami ab.

Seit ich denken kann, sind Messer scharfe Familienmitglieder und eigentlich immer dabei. EDC nennt man das wohl heute, also "Everyday Carry". Immer wieder kommen neue Klappmesser dazu, mal von Freunden als Geschenk und mal weil ich wieder ein neues für meine wachsende Sammlung gefunden habe.

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Allerdings darf ich längst nicht jedes Messer in meine Tasche stecken und überallhin mitnehmen. Denn das Waffengesetz setzt auch bei Messern enge Grenzen. Grundsätzlich gilt: Der Erwerb von Klappmessern ist erlaubt. Wenn ein Messer allerdings mit einer Hand zu öffnen ist oder es durch eine Arretierung fixiert werden kann, darf es nicht öffentlich mitgeführt werden.

Das betrifft auch Multitools, bei denen die Messerklinge einhändig zu bedienen ist. Natürlich gibt es Ausnahmen, die man zum Beispiel auf taschenmesser.de sieht. Aber generell gilt: Messer sind keine Spielzeuge. Spaß machen dürfen sie dennoch.

Diese Messer und Multitools habe ich getestet:

Victorinox Spartan Onyx Black: Retrocharme mit neuem Anstrich (UVP 95 Euro) Victorinox Classic Alox: Minitool für die Nagelpflege (UVP 35 Euro) Victorinox Hunter Pro: Für Jäger und Sammler (UVP ab 95 Euro) Leatherman Skeletool CX: Werkzeugkasten für die Hosentasche (UVP 130 Euro) Leatherman Style CS: Die futuristische Nagelpflege (UVP 35 Euro) Puma IP Birch III: Aus gutem Holz geschnitzt (UVP 52 Euro) WESN Allman: Dicke Klinge, schmale Hüfte (UVP 160 Euro) Böker Plus Urban Trapper: Ein schlanker Minimalist (UPV 113 Euro) Böker Plus Tech Tool Copper 1 (UVP 56 Euro) CRKT CEO (UVP 55 Euro)

So habe ich die Messer getestet

Verarbeitung: Sind da irgendwelche überstehenden Grate oder sonstige Verarbeitungsmängel? Ist die Mechanik leichtgängig und stabil? Handling: Wie gut kann man das Messer nutzen? Legales: Darf das Messer mitgeführt werden? Preis-Leistung: Lohnt sich die Anschaffung?

Victorinox Spartan Onyx Black

Es mag ein bisschen sentimental sein, aber immer wenn ich ein Schweizer Offiziersmesser in die Hand nehme, freue ich mich wie ein kleiner Junge. Es weckt in mir Erinnerungen an Wanderungen und erste Schnitzversuche.

Victorinox bedient diese Nostalgie in bester Weise, indem es dieses Messer seit Jahrzehnten unverändert anbietet. Bei den klassischen Modellen werden nur selten Details verändert. Zum Beispiel die Farbe von Griff und Klingen, wie beim Spartan Onyx Black.

Wie der Name sagt, sind die Klingen geschwärzt, die Griffschale besteht aus Cellidor, einem Kunststoff, auf den eine Schutzlackschicht aufgetragen wurde. Das Resultat sieht edel aus - ist aber von der klassischen PS-Variante kaum zu unterscheiden.

Statt einer einzelnen Klinge sind insgesamt 13 Werkzeuge eingebaut - wobei ich den kleinen Ring und die Kordel mit dem Logo des Herstellers nicht als Werkzeuge identifiziert hätte. Der Rest ist Retro mit neuem Anstrich: Die Klinge ist kurz und schmal, einen Tick zu klein, um beim Apfelschälen Spaß zu machen. Der Korkenzieher bleibt bei mir meistens geschlossen, der Kapselheber ist ganz praktisch. Kürzlich musste ich auch den Dosenöffner einsetzen, weil der Öffnungsring vom Hundefutter abgebrochen war. Das klappte ausgesprochen gut.

Insgesamt ist das Spartan Onyx ein schönes Messer für die Hosentasche - und schwarz steht ihm ausgesprochen gut. Aber ich würde die PS-Variante wählen. Die ist genauso schick, kostet aber nur die Hälfte.

Victorinox Classic Alox

Neben der typischen Bauform, wie beim Spartan Onyx, bietet Victorinox zum Beispiel das Miniaturmesser Classic an. Trotz der geringen Abmessungen sind neben der Klinge eine Nagelfeile und eine Schere eingebaut. Die Werkzeuge reichen für die Pflege der Fingernägel, und auch eine Verpackung lässt sich damit öffnen, aber sonst bleibt das Kleinod sicher meist zusammengeklappt in der Jeans stecken.

Victorinox Hunter Pro

Die Schweizer haben nicht nur Multitools im Sortiment, sondern auch Taschenmesser, die nur eine Klinge haben, sonst nichts. Beim Hunter Pro ist diese Klinge recht groß. Bei der getesteten Version handelt es sich um ein Messer mit Einhandbedienung und Arretierung, weshalb es nicht zugriffsbereit mitgeführt werden darf - es sei denn, man nutzt das Messer berufsbedingt.

Für den professionellen Einsatz gibt es eine praktische Gürteltasche dazu, die mit einem Klettverschluss gesichert ist. Das Messer liegt hervorragend in der Hand, die stabile Klinge macht auch bei schweren Schnitzereien einen guten Job. Allerdings ist die Klinge für Feinarbeiten zu groß.

Leatherman Skeletool CX

Die deutsche Rechtsprechung verbietet es, Multitools zugriffsbereit mitzuführen, bei denen die Klinge mit einer Hand geöffnet und festgestellt werden kann. Zum Glück habe ich in meinem Camper einen festen Platz für mein Skeletool von Leatherman.

Die Klinge ist mit 6,6 Zentimetern recht kurz, dennoch bleibt noch Platz für eine kleine Säge. Richtig praktisch sind die auswechselbaren Schraubendreher. Ich habe damit zum Beispiel ein Stück Wasserschlauch abgeschnitten und mit der Zange einen Gasanschluss festgezogen.

Die futuristische Optik ist so martialisch, dass höchstens das künstliche Herz des "Terminators" beim Anblick dieses Messers etwas schneller schlagen würde. Trotzdem möchte ich nicht auf dieses Tool verzichten - selbst wenn es in meiner Hosentasche leider nichts zu suchen hat. Regeln sind nun einmal Regeln.

Leatherman Style CS

Keine Probleme macht dagegen der Leatherman-Winzling Style CS. Ähnlich wie das Victorinox Classic dient er vor allem zur Nagelpflege, aber natürlich kann er auch Flaschen öffnen. Die Schere ist recht groß und lässt sich dadurch gut bedienen. Dafür ist die Klinge klein und die Feile noch kleiner. Eine Pinzette ist hier auch dabei und wird von mir auch häufig genutzt, denn beim Holzsammeln landet schon mal ein Splitter im Finger.

Puma IP Birch III

Eines meiner liebsten Messer kann man nicht kaufen. Mein Freund Gianni hat es mir von einem Messermacher herstellen lassen. Der Griff stammt von dem Horn eines sardischen Mufflons, wodurch die Form der Klinge vorgegeben ist. Früher wurden solche Messer benutzt, um Tieren damit im wahrsten Sinne des Wortes das Fell über die Ohren zu ziehen. Ich schneide damit meinen Käse.

Auch ein anderes Messer war ein Geschenk: Von meinem Freund Martin gab es zum Geburtstag das Puma IP Birch III. Die Klinge aus rostfreiem Stahl stammt aus Solingen, die Griffschalen aus Veilchen- und Birkenholz wurden in Spanien in Handarbeit hergestellt. Die Klinge ist 76 Millimeter lang, kann nicht arretiert werden und lässt sich nur mit zwei Händen aufstellen. Das Birch darf also ohne Probleme mitgeführt werden.

Der Griff ist toll, es fühlt sich wunderbar an, damit zu arbeiten. Allerdings ist der Schliff nicht sonderlich gut gelungen, hier sollte man selbst noch einmal Hand anlegen. Aber als robustes Messer fürs Öffnen von Paketen und Verpackungen oder zum Zubereiten von Snacks ist es äußerst praktisch. Die kurze breite Klinge lässt sich gut führen, selbst feinere Arbeiten sind damit recht gut zu erledigen.

WESN Allman

Die US-Firma WESN stellt ihre Messer in Handarbeit her. Neue Modelle werden per Kickstarter vorfinanziert, bevor sie in Serie produziert werden. Das Allman wirkt auf den ersten Blick etwas klobig - doch dieser Eindruck täuscht. Die breite Klinge hat mit 72 Millimetern eine vernünftige Länge. Der recht schmale Griff meines Exemplars besteht aus einer Mischung aus Glasfaser und Epoxidharz. Für andere Varianten wird Titan genutzt.

Das Messer lässt sich mit einer Hand öffnen, dabei wird die Klinge festgestellt. Daher darf man das Allman nicht öffentlich mitführen. Es liegt ausgezeichnet in der Hand, die breite Klinge ist äußerst praktisch bei groben Abschnitten, zum Beispiel von Käse. Beim Schälen eines Apfels ist das Handling nicht optimal.

Die Klinge ist recht scharf geschliffen, braucht nach gewisser Zeit immer mal wieder etwas Liebe und Aufmerksamkeit. Das lohnt sich, denn dieses Messer ist ein tolles Alltagswerkzeug, das auch auf einen Schreibtisch passt.

Böker Plus Urban Trapper

Der Messerbauer Böker baut für die eigene Plus-Linie Taschenmesser mit Fokus aufs Design. Mir gefällt das geradlinige Urban Trapper besonders gut. In der Variante "Linear Micarta" hat die Klinge einen dunklen Look bekommen. Die Griffschalen aus gehärteten Fasern und Kunstharzen liegen vortrefflich in der Hand.

Die Klinge ist sehr scharf geschliffen, das Messer lässt sich durch die gerade Form selbst bei Feinarbeiten gut einsetzen. Mit einem sogenannten Flipper wird das Messer einhändig geöffnet, außerdem arretiert die Klinge im Gehäuse. Deshalb darf es in Deutschland nicht mitgeführt werden, sondern höchstens auf dem Schreibtisch liegen, um Briefe und Pakete zu öffnen.

Das Urban Trapper gibt es in verschiedenen Versionen. Bei der klassischen Variante besteht der Griff aus einem glasfaserverstärkten Kunststoff.

Böker Plus Tech Tool Copper 1

Beim Tech Tool müssen beide Hände eingesetzt werden, um es zu öffnen. So darf man dieses schicke Taschenmesser überallhin mitnehmen. Je häufiger es eingesetzt und in die Hand genommen wird, desto schneller verändert sich der Griff aus Kupfer. In Hamburg kennt man den Effekt vom Kupferdach des Michel, das durch Wettereinflüsse eine grünliche Patina bekommen hat. Bis die Oxidation beim Tech Tool Copper einsetzt, wird es zwar eine Weile dauern. Dennoch macht dieser Effekt das Messer zu einem ganz besonderen Schmuckstück.

Ein langes und schlankes Messer zum Schluss: Das CEO ist - wie der Name schon sagt - ein feines Messer für gehobene Ansprüche. Grobe Schnitzereien sind nicht so sein Ding, ich würde es vor allem als Brieföffner einsetzen. Und tatsächlich sieht es auf dem Schreibtisch ganz prächtig aus.

Mit seinem Clip könnte ich es auch in der Innentasche meine Sakkos befestigen - wenn ich denn ein Sakko tragen würde. Aber das Mitführen ist ohnehin keine Option, denn mit einem Daumenpin kann die 8,5 Zentimeter lange Klinge auch einhändig geöffnet werden.

Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels hieß es, das Modell der Firma WESN habe eine Klinge von 720 Millimetern Länge. Tatsächlich sind es 72 Millimeter. Wir haben die Angabe korrigiert.
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