Gerd Blank

Autor, Text, Podcast, Moderation, Hamburg

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Eine runde Sache: Hamburgs Pizzaliebe

Die italienische Spezialität gehört inzwischen so sehr zu unserem kulinarischen Kosmos, dass man sich gar nicht mehr vorstellen kann, wie es ohne den leckeren Teigfladen wäre. Die Pizza gehört aber noch gar nicht so lange auf den Speiseplan in Hamburg, denn sie ist gar nicht so alt, wie man glauben könnte. Gleichzeitig hat der Vorläufer sogar viele Jahre mehr auf dem Buckel, als viele vermuten. Verwirrend? Kein Problem: Los geht es mit der kleinen Zeitreise in die Geschichte der Pizza.

Der Ursprung der Pizza liegt in der Epoche Jungpaläolithikum, also irgendwann zwischen 45.000 und 9.000 vor unserer Zeitrechnung. Funde belegen, dass auf heißen Steinen Fladenbrote gebacken wurden. Diese einfachen Brote eroberten den vorderen Orient und den Mittelmeerraum. Im alten Ägypten entdeckten professionelle Bäcker, dass Hefe den Teig gären lässt. Man begann, die fertigen Brotlaibe mit Käse oder Datteln zu verzehren, später wurden die Zutaten gleich mitgebacken. Die Speise Panis focacius entstand, als Focaccia gilt sie noch heute als Spezialität. Durch die Entdeckung und Eroberung Amerikas kam die Tomate als Zierpflanze nach Europa. Übrigens sahen die Früchte damals noch goldgelb aus, was den italienischen Name Pomodoro erklärt: Pomo d'oro bedeutet "Apfel aus Gold".

Bereits im 16. Jahrhundert galt die Teigspeise mit Tomaten im Gebiet von Neapel als sehr beliebt. Da nicht jeder Stadtbewohner einen Ofen besaß, brachte man den eigenen Teig zu einem Bäcker und ließ ihn dort backen. Immer mehr Bäcker spezialisierten sich darauf und bildeten als "Pizzaioli" sogar eine eigene Zunft. Ungefähr seit dem 17. Jahrhundert existiert die Pizza etwa in der Form, wie wir sie heute kennen: Auf einem dünnen Teigfladen wird erst ein Belag aus Tomaten verteilt und dann mit weiteren Zutaten belegt. Das Grundrezept ist weder kompliziert noch sind die Zutaten besonders exquisit. Für den neapolitanischen Pizzateig benötigt man lediglich Weizenmehl Typ 00, Wasser, Salz, frische Hefe, etwas Zeit und die richtige Hitze.

Ein Biss vom Glück

Bei unserer Spurensuche müssen wir auch den Namen genauer betrachten. Die Herkunft des Begriffs Pizza ist nicht zu hundert Prozent belegt - es befinden sich mehrere Varianten im Umlauf. Das Dizionario etimologico della lingua italiana vermutet den Ursprung des Namens in der vor mehr als tausend Jahren ausgestorbenen langobardischen Sprache. Einige Wörter findet man noch immer im Italienischen, zum Beispiel "bizzo" oder "pizzo", was so viel wie "ein Biss(en)" bedeutet. Das würde passen, denn ursprünglich handelte es sich tatsächlich eher um einen Imbiss, den die Menschen unterwegs verspeisten. Die Backstuben Neapels verkauften die Pizzen auch zusammengefaltet als "a libretto", damit man sie direkt auf der Straße verputzen konnte. "Port Alba" war die erste richtige Pizzeria mit Sitzplätzen, sie eröffnete 1830 - natürlich ebenfalls in Neapel.

Die ersten Pizzalieferdienste entstanden Ende des 19. Jahrhunderts - auf königliches Geheiß! Der Legende nach weilten der italienische König Umberto I und seine Gattin Margherita in deren Sommerresidenz Capodimonte bei Neapel. Sie hatten Appetit auf das Arme-Leute-Essen, wollten aber nicht dabei gesehen werden - und schickten deshalb einen Boten zum stadtbekannten Pizzabäcker Raffaele Esposito. Der backte wohl gleich mehrere Pizzen, eine davon in Grün, Weiß und Rot, also in den Farben der italienischen Flagge. Als Zutaten nahm er dafür Basilikum, Mozzarella und Tomaten - er nannte seine Kreation Pizza Margherita. Historiker bezweifeln zwar den Wahrheitsgehalt dieser Geschichte, unstrittig ist aber, dass die Pizza Margherita immer noch zu den beliebtesten Pizzen der Welt zählt.

Von Auswanderern und Gastarbeitern

Dann ging alles ziemlich fix: Italienische Auswanderer brachten die Pizza Anfang des 20. Jahrhunderts in die USA und nach dem Zweiten Weltkrieg auch nach Deutschland. Die erste Pizzeria Deutschlands eröffnete 1957 in Würzburg, von diesem Zeitpunkt an war der Pizza-Boom nicht mehr zu stoppen. Im selben Jahr kam auch die erste tiefgefrorene Fertigpizza in den Handel, ein Jahr später startete die Fast-Food-Kette Pizza Hut ihren weltweiten Siegeszug mit inzwischen 13.000 Restaurants in 130 Ländern, fünf davon in Hamburg. Und Pizzadienste gehören in Hamburg nach wie vor zu den beliebtesten Lieferdiensten. Zu den erfolgreichsten Pizzaboten zählt Smiley's: Das 1988 in Hamburg gegründete Unternehmen kommt inzwischen deutschlandweit auf mehr als 60 Filialen.

Aber es ist vor allem der Stammladen in der Nähe, der die Liebe zur Pizza immer wieder neu entfacht - selbst wenn höchstens die Namen der Speisen noch etwas mit Italien zu tun haben. Denn längst landet nicht mehr nur die Originalrezeptur aus Neapel im Ofen: Es wird mit Mehlsorten experimentiert, besondere Soßen mit geheimnisvollen Zutaten verleihen der Speise einen Hauch von Exklusivität. Bei den Zutaten für den Belag existieren längst keine Grenzen mehr, da werden auch mal Pommes genommen oder Bacon mit Bananen und Kapern gemischt. Belegt wird also ganz nach Wunsch mit allem, wonach es den Kunden gelüstet. Manchmal auch ganz ohne tierische Produkte - wie etwa im Vistro. Je gehobener die Zutaten, desto höher die Preise: In vielen Restaurants kann man bei einer Pizza längst nicht mehr von einem Essen für arme Leute sprechen.

Ganz klar: Pizza bildet den kleinsten gemeinsamen Nenner, wenn es ums Essen geht, und zwar überall auf der Welt. Sie ist ein leckerer Gleichmacher mit regionalen Besonderheiten. Jeder mag sie, jeder hat seinen geschmacklichen Favoriten. Damit noch ein paar weitere hinzukommen, haben wir uns in ganz Hamburg Pizzen bestellt - und stellen hier ein paar Restaurants vor, die allerbeste Ofenware kredenzen. Buon appetito, lassen Sie es sich schmecken!

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