Georg Watzlawek

Journalist. Unternehmer. Global und lokal, BGL

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Großer Aufwand mit kleinen Tieren

Es sind vor allem Biologen und Chemiker, die bei BioGenius arbeiten. Sie kennen sich mit Schädlingen und Lästlingen aus, aber auch mit Verordnungen. Das kleine Unternehmen im Bergisch Gladbacher Technologiepark testet Biozide und ebnet Insektenschutzmitteln den Weg auf die Märkte rund um den Globus.

Das größte Kapital der BioGenius GmbH ist winzig und ziemlich unangenehm: Malariamücken, Hausstaubmilben, Braunbandschaben, Bettwanzen und gut 20 andere „Schädlinge und Lästlinge" züchtet das Unternehmen. In gut gesicherten Labors testen die Spezialisten damit Insekten- und Pflanzenschutzprodukte aller Art. Am Ende stehen umfangreiche Datenpakete, die die Industrie für die Zulassung auf nationalen Märkten in der ganzen Welt benötigt. Das Bergisch Gladbacher Unternehmen verkauft aber keine Daten, sondern Glaubwürdigkeit.

„Wir liefern den Herstellern in enger Abstimmung mit den Behörden komplette Datensätze über alle technischen Aspekte ihres Produktes. Wir sind nicht der TÜV, aber wir haben eine sehr gute Reputation", sagt Geschäftsführer Mike Bublitz. Das Unternehmen sei zwar klein, decke den gesamten Prozess aber mit eigenen Kräften und mit Partnerinstituten ab und könne daher schnell und flexibel agieren.

Nische unter 120 Anbietern gefunden

Bublitz gehört zum kleinen Kreis der Gesellschafter, die das Unternehmen 2004 in Monheim mit zehn Mitarbeitern gegründet und ab 2007 in Bergisch Gladbach allmählich aufgebaut haben. Ihr damaliger Arbeitgeber hatte seine Biozide-Sparte in die USA verkauft, nun wollten Bublitz und seine Mitstreiter ihre Expertise im eigenen Unternehmen einsetzen. Heute ist BioGenius zwar nur einer von 120 Anbietern in Deutschland, die sich auf die Prüfung von Biozid- und Pflanzenschutzprodukten spezialisiert haben. Das Unternehmen hat aber seine Nische gefunden. Konkret analysiert BioGenius die technischen Eigenschaften der bioziden Stoffe und testet die Wirksamkeit über lange Zeiträume hinweg. Immer mit den eigenen Insekten und mit Blick auf die jeweiligen Standards, egal ob in der EU oder in China.

Anforderungen an Prüfung werden immer größer

Biozide sind in tausenden Produkten enthalten, von Desinfektionsmitteln bis hin zum Holzschutz. Immer muss ausgeschlossen werden, dass die Mittel den Menschen oder der Umwelt schaden können. Das ist für die Zulassung der Mittel notwendig, das Ergebnis findet sich in der Kurzform später aber auch als Kundeninformation auf dem Etikett zum Beispiel der Spraydose. „Die Anforderungen an die Prüfungen und ihre Dokumentation werden immer größer, daher brauchen wir mehr Platz", erläutert Bublitz. So müssen die Mittel, um ihre Haltbarkeit zu prüfen, zum Teil bis zu fünf Jahre lang in Klimakammern bei unterschiedlichen Temperaturen von bis zu 54 Grad Celsius gelagert werden.

Auf 1.200 Quadratmetern war das Testinstitut im Technologiepark am östlichen Rand von Bergisch Gladbach gestartet. Im Moment werden die Labor-, Lager- und Büroflächen ein weiteres Mal von jetzt 2.500 auf 3.100 Quadratmeter erweitert. Das Unternehmen selbst wächst dagegen nur langsam. Es beschäftigt 25 Mitarbeiter und verzeichnete in den vergangenen Jahren mit rund 150 Kunden in aller Welt einen stabilen Umsatz von etwa drei Millionen Euro im Jahr.

„BioGenius ist ein echter Hidden Champion"

„Aber wir können auf dem Markt mit großen Laboren mit vielen tausend Mitarbeitern mithalten", sagt Bublitz. Die Größenvorteile der anderen mache BioGenius durch Flexibilität und Kundenorientierung wett: „Wir finden immer wieder kreative Lösungen, um neue rechtliche Vorgaben schnell umzusetzen." Wofür wiederum die eigene Insektenzucht eine der Voraussetzungen sei, die kaum ein Wettbewerber bieten könne.

„BioGenius ist ein echter ‚Hidden Champion' - Made in Bergisch Gladbach", sagt Martin Westermann, städtischer Wirtschaftsförderer und Geschäftsführer des Rheinisch-Bergischen Technologiezentrums (RBTZ) nicht ohne Stolz. Immerhin ist BioGenius das zweite namhafte biotechnologische Unternehmen der Stadt, neben der benachbarten und deutlich größeren Miltenyi Biotec GmbH. Auch sie war in Zusammenarbeit mit dem RBTZ im Technologiepark angesiedelt worden.

BioGenius wächst auch deshalb langsam, weil es neue Mitarbeiter Schritt für Schritt in die Arbeitsprozesse integrieren muss. Zudem kann das Unternehmen freie Stellen nicht so schnell besetzen, wie es das gerne tun würde. Bublitz selbst ist gelernter Chemielaborant und arbeitet seit mehr als 30 Jahren in der Produktentwicklung. Eine wichtige Säule des Unternehmens sind die Projektleiter, in der Regel promovierte Biologen, Chemiker und Biochemiker. Aber auch gute Laboranten und Techniker sind für BioGenius von besonderer Bedeutung und nicht leicht zu finden. BioGenius bildet nicht selbst aus, sondern unterstützt die Ausbildung bei Miltenyi Biotec seit vielen Jahren.

Im vergangenen Jahr gründete BioGenius die Tochtergesellschaft Direg Solutions GmbH. Sie erstellt auf Basis der Daten des Mutterunternehmens, aber auch anderer Labors, die umfangreichen Dossiers, die von den Behörden zur Zulassung der Produkte verlangt werden. „Das wollten und konnten wir innerhalb von BioGenius nicht leisten", sagt Bublitz, „eine klare Fokussierung auf die Kernkompetenzen ist alles."

Dennoch soll auch das Mutterunternehmen expandieren; durch den Ausbau der Laborkapazitäten und der Märkte, aber auch der Produktgruppen, die sich stetig weiter differenzieren und erweitern. Es geht immer um Analyse und Testverfahren, aber inzwischen kümmert sich das Unternehmen auch um Fragestellungen, die mit Bioziden nichts mehr zu tun haben. Zum Beispiel um die Packmittelstabilität von Flakons oder die Sicherheit von Tierarzneimitteln. „In den 13 Jahren am Markt haben wir unseren Ruf aufgebaut, jetzt können wir uns breiter aufstellen", gibt Bublitz den Kurs vor.

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