In Werpelohs Vorgärten blüht etwas, das eigentlich schon ausgestorben sein sollte. Der Aphorismus.
Nun ist es mit den Sinnsprüchen wie mit Horoskopen – sie werden belächelt und sollten daher im 21. Jahrhundert ausgedient haben. Und doch sind sie so genial allgemein formuliert, dass selbst der aufgeklärte Mensch darin Sinn und Bestätigung für das Ich findet.
„Lebe deinen Traum“ oder „Das Leben kann man nur rückwärts verstehen, leben muss man es vorwärts.“ In Werpeloh finden sich die Sprüche gepinselt auf rustikale Bretter. Genannt: Seelenbretter. Gemalt in fauvistischen Farben von Firmlingen zusammen mit ihren Eltern als gemeinsames Projekt. Etwa 20 davon stehen im Dorf, eingerammt in den paradies-grünen Vorgartenrasen.
Das klingt nach Biedermeier, ist aber durchaus postmodern.
Werden unsere Timelines nicht sowieso von Sinnsprüchen überschwemmt, hinterlegt mit Sonnenuntergängen? Nur eben, dass der Buzzfeed-sozialisierte Jungintellektuelle sich dabei hinter Euphemismen wie Word Porn oder Visual Statements versteckt. Es ist nur konsequent, den Aphorismus aus dem Internet zurück in den Vorgarten zu holen.
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