Wenn im Büro der Tierärztin Ulrike Meinfelder das Telefon klingelt, wartet häufig eine Rettungsaktion auf sie: Bei ihr rufen Strandbesucher an, die ein einsames Seehundbaby gefunden haben. Meinfelder arbeitet bei der Seehundstation Friedrichskoog an der Nordsee. Hier werden Jungtiere aufgezogen, die ihre Mutter verloren haben.
Emil ist eines dieser Jungtiere. Als er gefunden wurde, war er viel zu dünn und hatte Bissverletzungen. Dank der Tierpfleger hat er heute eine dicke Fettschicht und ist wieder ganz gesund.
Nicht alle einsamen Seehunde müssen so wie Emil gerettet werden. Dass eine Seehundmutter ihr Junges allein lässt, wenn sie auf Jagd geht, ist ganz normal. Das Jungtier ruft dann nach ihr – so kläglich, als würde es heulen. Deswegen werden Seehundbabys, die ihre Mutter verloren haben, auch Heuler genannt. Erst wenn sicher ist, dass die Mutter nicht zurückkehrt, kommt das Jungtier in die Seehundstation. Heuler verlieren ihre Mutter zum Beispiel, wenn Spaziergänger ihnen zu nahe kommen. Weil Seehunde Angst vor Menschen haben, fliehen die Mütter, ohne auf ihre langsameren Jungtiere zu warten. Dass sich Mutter und Kind verlieren, kann aber auch an anderen Dingen liegen, etwa an Stürmen oder starken Strömungen.