Interview von Franziska Setare Koohestani
Für viele Menschen ist ein Van der Inbegriff der Freiheit. Aber ist er das wirklich?
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Wer vorhat, sich den Oscar-prämierten Film „Nomadland" im Kino anzusehen, wird dort unter anderem Bob Wells kennenlernen: Der 66-jährige Mann spielt darin nämlich einen der modernen Nomaden. Allzu schwer dürfte ihm die Rolle nicht gefallen sein - denn Bob lebt auch in Wirklichkeit in einem Van. Er ist sogar eine Art Guru für die Baby-Boomer-Generation der Nomad*innen in den USA. Er bewirbt seinen minimalistischen, rastlosen Lebensstil des „Vandwelling" auf seinem Youtube-Kanal, teilt dort Tipps fürs Van-Life und viele Lebensweisheiten. Im Video-Call mit jetzt wird er davon auch einige los - und erklärt, warum er unsere Gesellschaft für grundlegend beschädigt hält.
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Bob Wells: Mein Smartphone. Es ist ein Computer, es verbindet mich mit der Außenwelt, mit meinen Freunden. Ich kann damit Fotos und Videos machen. Es ist einfach praktisch.
Bob Wells am Set von „Nomadland".
Nomadisches Leben ist wie ein großes Zelt. Es gibt viele Gruppen, die sich darunter versammeln und ihre eigenen kleinen Zelte einrichten. Ein großer Teil der Nomaden sind ältere Menschen zwischen 60 und 70. Die meisten davon leben aus der Not heraus nomadisch. Nicht alle, aber viele - so wie auch Fern, die Protagonistin in Nomadland. Sie ist ein typisches Beispiel: Eine Frau, die älter wird, nicht genug Geld zum Leben hat und deshalb in einem Van lebt.
„Gerade infolge der Finanzkrise 2008 sind viele junge Menschen zu Nomaden geworden"
Das Leben im Van hat für Bob nicht nur finanzielle Vorteile - es entspricht auch seiner Lebensphilosophie.
Naja, für mich ist eigentlich alles simple Mathematik: Du hast vielleicht 70, 80 Jahre auf diesem Planeten. Was willst du damit anstellen? Die Gesellschaft sagt dir, du sollst die ersten 60 Jahre damit verbringen, dein Leben überhaupt nicht zu genießen, dich nur zu vergnügen, solange es der Arbeit nicht im Weg steht. Wenn der Urlaub anfängt, liebst du es, aber sobald die Hälfte vorüber ist, denkst du nur noch daran, dass es bald wieder vorbei ist: „In einer Woche muss ich wieder arbeiten, in drei Tagen muss ich wieder arbeiten" und so weiter. Dafür sollen dann die letzten Jahre deines Lebens nach der Arbeit großartig sein.
„Mach dir heute den besten Tag, den du haben kannst"
„Wenn du dich perfekt an ein krankes System angepasst hast, wirst du selbst erkranken"
Okay ( lacht). Aber naja, es gibt ja bestimmt auch öffentliche Verkehrsmittel, da wo du wohnst. Damit könntest du ja auch in die Natur fahren. Warst du schon mal campen?
Könntest du dir überhaupt vorstellen, jemals wieder in einem Haus zu leben? Nein. Ich würde erst wieder in einem Haus leben, wenn mein Körper aufgibt. Wenn ich keine Wahl mehr hätte. Man müsste mich dazu zwingen. Ein Haus wäre wie ein Gefängnis für mich.So ist es für mich - und für viele andere von uns Nomaden auch.
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