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Das ist: Tony Chung, Hongkonger Demokratie-Aktivist

Der 19-Jährige muss wegen einer entwendeten Flagge in Haft. Und ist der erste bekannte Aktivist, der auf Grundlage des umstrittenen Sicherheitsgesetzes angeklagt wird.
 






Das ist ...

... der 19-jährige Tony Chung. Er ist Mitbegründer einer politischen Gruppe von Hongkonger Studierenden namens „Studentlocalism", die sich seit 2016 für die Unabhängigkeit Hongkongs eingesetzt hat. Damals war Tony Chung erst 15 Jahre alt. Mittlerweile soll sich die Gruppe aufgelöst haben.

Chung wurde nun zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Der Grund: Bei den großen Anti-Regierungsprotesten im vergangenen Jahr soll er einem Anhänger des Gegenlagers die chinesische Nationalflagge entwendet, sie von der Tragestange gelöst und in die Luft geworfen haben - das berichteten Hongkonger Medien. Der offizielle Vorwurf lautet dementsprechend: Entweihung der chinesischen Nationalflagge und Teilnahme an einer unerlaubten Versammlung.

Der kommt ...

... aus Hongkong. Die einstige britische Kronkolonie wurde bislang nach dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme" regiert und ist seit 1997 eine chinesische Sonderverwaltungszone. Aber diese Autonomie ist hart umkämpft. Immer wieder versuchte die Kommunistische Partei Chinas, stärkeren Einfluss auf Hongkong zu nehmen. Als Reaktion darauf gab es mehrfach pro-demokratische Proteste: zum Beispiel bei der sogenannten Regenschirm-Bewegung 2014, als Demonstrant*innen mehr Mitspracherecht bei der Regierungsbildung sowie freie Wahlen forderten - und damit scheiterten.

In einem Interview mit der Hong Kong Free Press im Jahr 2017 sagte Tony Chung: „Ich wurde hier geboren, ich bin hier aufgewachsen. Wir kennen die Situation in Festland-China - und das ist der Grund, warum wir nicht wollen, dass es hier genauso wird." Der einzige Ausweg für ihn sei folgender: Die Unabhängigkeit Hongkongs - egal wie schwierig das zu erreichen sei.

Seit 2019 gab es immer wieder erneut pro-demokratische Massenproteste in Hongkong, an denen auch Tony Chung teilgenommen hat. Der Auslöser war ein von der Regierung geplantes Gesetz, das es der Regierung des chinesischen Festlands ermöglichen sollte, von ihnen verdächtigte Hongkonger*innen an die Volksrepublik auszuliefern. Nach anhaltenden Protesten musste das Auslieferungsgesetz auf Eis gelegt werden. Aber die Proteste hatten weitreichende Folgen für die pro-demokratische Bewegung. Das zeigt nicht zuletzt der Fall Tony Chungs.

Der kann ...

... sich nämlich schon seit zwei Monaten nicht mehr frei bewegen, weil er wegen anderer Vorwürfe in Untersuchungshaft sitzt. Ende Oktober wurde Chung in der Nähe des US-Konsulats in Hongkong von Polizisten in Zivil festgenommen. Laut der Aktivist*innen-Gruppe „Friends of Hongkong", die sich in Großbritannien befindet, soll Chung geplant haben, im Konsulat einen Asylantrag zu stellen.

Daraus lernen wir ...

... dass sich die Situation für pro-demokratische Aktivist*innen in Hongkong verschärft. Dabei ist der Fall Tony Chungs zwar exemplarisch, aber auch andere Fälle in jüngerer Vergangenheit zeigen, dass die Behörden in Hongkong härter gegen Oppositionelle vorgehen: Prominente pro-demokratische Aktivist*innen haben entweder das Land verlassen oder wurden festgenommen - so beispielsweise Joshua Wong und Agnes Chow, die Ende November vorläufig inhaftiert wurden.

Nur Google weiß ...

... dass Tony Chung keine öffentlichen Social-Media-Kanäle hat - anders als andere prominente Hongkonger Aktivist*innen. Schon im Interview mit der Hong Kong Free Press ließ er anklingen, dass er lieber im Hintergrund steht: „Ich persönlich mag es nicht, derjenige zu sein, der ins Mikrofon spricht oder Pamphlete verteilt." Aber er mache all das, weil es sonst niemand tue.

Auf Social Media zeigte aber Joshua Wong, das bekannteste Gesicht der Hongkonger Demokratiebewegung, Unterstützung für Tony Chung. Bereits Ende Oktober machte Wong auf seinem Twitter-Account auf Chungs Fall aufmerksam - und das trotz „unterschiedlicher Ansichten im Bezug auf Ideale und Taktik", so Wong. Worin diese Differenzen genau bestehen, erklärte er allerdings nicht. Ihre Gemeinsamkeit liege letztlich darin, dass sie „Schikanen und Attacken" durch den Staat erleben.

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