Franziska Horn

Autorin. Freie Journalistin, München

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Canyoning – Sportliche Action mit Waschgang

Gunnar Amor beim Schluchteln in einer Tiroler Klamm. Foto: Gunnar Amor.

Lust auf ein wohlkalkuliertes Abenteuer in Bayern oder Tirol? Bei geführten Canyoning-Touren oder beim Wildwasser-Rafting kommt man dem feuchten Element besonders nahe.
Das klassische Canyoning ist in Tirol seit Mitte der 1990er-Jahre bekannt. Dabei folgt man dem Verlauf eines Wildbachs durch Klettern, Abseilen, Schwimmen, Rutschen und Springen vom Einstieg bis zur Ausstiegsstelle. Durch die unterschiedlichen Gesteinsarten zeigt sich jede Schlucht anders, mit jeweils eigenem Charakter: tief und eng, weit und sonnig oder mit hohen Abseilstellen, für die man spezielle Techniken benötigt. Nur erfahrene Canyonisten sollten eine Route alleine begehen. Für Einsteiger stehen dagegen Profi-Guides wie Gunnar Amor und Alexander Riml zur Verfügung, die zu Tirols Canyoning-Pionieren zählen und mit dem „Tiroler Canyoningführer“ einen umfassenden Guide mit über 100 Routen vorlegten (Info: www.canyoning-buch.at). Der Führer liefert Tourenbeschreibungen inklusive Topogra- phie (Längsschnitt), mit Angaben zur Schwierigkeit des Geländes (nach Kletterskala UIAA, I bis VI), des Wassers (Schwierigkeit A bis F) und der Abseilstellen (1 bis 6). Weil geführte wie auch private Canyoning-Touren in Bayern nur stellenweise erlaubt sind, empfiehlt es sich hier, das Angebot eines Outdoor-Veranstalters zu buchen. Gunnar Amor, Jahrgang 1967, ist Inhaber eines Technischen Büros für Wasserwirtschaft in Telfs, Tirol. Das Schluchtengehen ist die Leidenschaft des professionellen Guides (www.canyon.at), der seit 2003 Mitglied im Ausbildungsteam der Tiroler Schluchtenführer ist. Wir haben bei ihm nachgefragt.

Herr Amor, Canyoning ist eine Sportdisziplin, bei der man wissen sollte, was man tut. Welche Voraussetzungen muss ein Anfänger mitbringen?
Gunnar Amor: Wer sich als Anfänger einer geführten Tour mit einem ausgebildeten Canyoning-Guide anschließt, braucht eigentlich nur den Willen, etwas Neues zu erleben und eine halbwegs sportliche Kondition. Die Ausrüstung, also Neoprenanzug, Socken, Gurt, Helm, eventuell bei stark wasserführenden Schluchten eine Schwimmweste, wird in der Regel vom Guide gestellt. Zu beachten ist, dass generell Schwindelfreiheit und Schwimmkenntnisse vorhanden sein sollten. Die Vorbereitung für die Tour macht der Guide. Bevor er in die Tour einsteigt, wird er die Teilnehmer auf ihre Eignung abschätzen. Darum wird zuerst auch immer eine leichte Tour ausgewählt, dass ja niemand überfordert wird. Denn sollten in der Schlucht Schwierigkeiten auftreten, betrifft das immer die ganze Gruppe, ein Abbruch der Tour ist meist nicht gut möglich. Wenn niemand überfordert wird und alle Spaß haben, wird es garantiert ein tolles Erlebnis, das nach Wiederholung verlangt. 

Worin besteht für Sie die Faszination des Canyonings?

Beim Canyoning steigt man in eine unbekannte Welt ein, die ohne spezielle Ausrüstung und Kenntnisse verschlossen bleibt. Das Schönste ist, zu entdecken, was einen hinter der nächsten Bachbiegung erwartet: ein Wasserfall mit einem Sprungbecken, eine eng eingeschnittene Rutsche oder ein seitlicher Zulauf, der im Sonnenlicht glitzernd wie eine Dusche auf einen herabfällt. Dazu kommt, dies im Kreis seiner Freunde zu erleben, einander zu helfen und am Ende gemeinsam etwas völlig Neues unternommen zu haben. 

Wann beginnt die Saison, wann hört sie auf?

Die Saison startet bei uns im Regelfall im Mai, Juni und geht bis Ende September. Später ist es meistens zu kalt. Es gibt aber ein paar Ausnahmen, wie zum Beispiel den Fallbach, der so südseitig ausgerichtet ist, dass man diesen bei sonnigen Wetter sogar im Winter begehen kann.

Jede Schlucht ist anders. Zudem unterliegen die Verhältnisse ständigen Veränderungsprozessen durch Wasserstand, Murenabgänge, Klimawandel, umgestürzte Bäume oder Felsen. Wie bereiten Sie sich persönlich auf eine Route vor?

Beim Canyoning ist das Wichtigste, mehr noch als bei anderen alpinen Sportarten, dass auf keinen Fall ein Unfall passiert. In der Schlucht ist man auf sich alleine gestellt, eine organisierte Rettung dauert ewig lange, in der Zwischenzeit kühlt man sehr aus. Darum beobachte ich ganz genau den Wetterbericht. Bei Gewitterneigung muss die Tour so zeitig beginnen, dass man mit einer Zeitreserve noch vor dem Regen aussteigt. Je nach Eignung der Teilnehmer erkunde ich die Schlucht zuvor alleine, um zu prüfen, ob alle Sicherungshaken vorhanden und in Ordnung sind, oder ob Verklausungen (Anm: Verschluss durch angeschwemmtes Treibholz) vorliegen.

Was kostet eine geführte Tour, die man bei Ihnen bucht, je nach Länge oder Aufwand?
Bei mir kostet eine Canyoningtour bei mindestens vier Teilnehmern pro Person 80 Euro inklusive Leihausrüstung. Sollte ein Kunde alleine eine Tour unternehmen wollen, oder sollte es eine ganz lange Tour sein, so verrechne ich rund 450 Euro.

Ihre Tipps zu Lieblingstouren in Tirol?

Das ist schwierig, weil Tirol die Besonderheit hat, dass es Touren im Kalkgestein sowie im kristallinen Gestein gibt. Bei beiden Felsarten haben sich die Schluchten unter- schiedlich ausgebildet. Wenn ich genau nachdenke, dann sind es die tief eingeschnittenen Schluchten im Karwendel, die mir am besten gefallen. Die Bergleinschlucht, das Gnaupenloch, die Kirchlklamm oder der Gamsgarten.

Herr Amor, vielen Dank für das Gespräch. 

Das ist Canyoning

Viel näher kann man unberührter Natur nicht kommen als hart am Fels entlang, oder beim Eintauchen in Wildwasser, das sich entlang natürlicher, alpiner Bachläufe bewegt. Durch Becken und Gumpen geht es talwärts mittels Rutschen, Schwimmen und Abseilen entlang wild tosender Wasserfälle – ein spannender Hindernisparcours der Natur. 


Weil es beim Raften auch mal nass werden kann, erhalten alle Teilnehmer einen Neoprenanzug, Schwimmweste und Helm. Nach den Sicherheitseinweisungen geht es an die Übungen zu Technik und Taktik, dann heißt es: Ran ans Paddel, ab ins Schlauchoot – denn nichts anderes bedeutet das Wort „Raft“. Seit Mitte der 1980er-Jahre eine Trendsportart, gibt es diverse Bootsformen und je nach Anforderungen eine Wildwasserschwierigkeitsskala von I bis VI. Hier eine Auswahl diverser Anbietern mit Gebietsinfos:

Montevia: Bietet Rafting auf Isar, Inn und Loisach – Flüsse mit meist optimalen Voraussetzungen für einen leichten Einstieg ins Wildwasserrafting. Der Inn gilt als

Gerät das Schlauchboot in wildes Fahrwasser, wird es schon mal nass für die Rafter. Foto: Rodrigo Garcia

Europas beliebteste Wildwasserstrecke mit hohen Wellen, imposanten Walzen und Wuchtwasser in der Schlucht zwischen Imst und Haiming – Action, Fun und Nervenkitzel pur. Für Anfänger und Fortgeschrittene. Dazu hat der Veranstalter Canyoning-Routen diverser Schwierigkeitsgrade im Programm. www.montevia.de/sommerevents/rafting-bayern.html

Club Aktiv Rafting & Sport: Bietet Rafting und Canyo- ning in der Bergwelt der Berchtes-gadener- und Salzburger Alpen mit ihren reißenden Gebirgsflüssen und steilen Schluchten, wie etwa Saalach und Salzach. Auch für Schulgruppen zwischen 12 bis 18 Jahren, in den Kategorien Fun Rafting und Action Rafting, Softtour, XL-Tour oder Wildwasser Crossover und Canyoning-Touren zum Beispiel in der Almbachklamm. www.rafting.de

Spezialisiert auf die Isar: Snow and Raft bietet leichtes Wildwasserrafting auf der Isar, zwischen Lenggries, Bad Tölz, Sylvenstein und München. www.snow-and-raft.de/rafting-bayern

Canyoning im Allgäu bieten die Canyonauten, zum Beispiel in der Starzlachklamm oder in der Breitachklamm, für Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis. Info über www.canyonauten.de.

Ebenfalls im Allgäu ist der Veranstalter MAP-Erlebnis aktiv, auf dem Programm stehen Canyoning, Rafting auf Lech und Iller, Firmen-Outdoor-Events und Junggesellenabschiede. Info unter www.map-erlebnis.de.

Auf dem Blog Checkyeti listet ein Artikel über Rafting in Bayern die „Top 5 Hotspots“ mit Infos und Gebietsbeschreibungen im Allgäu, zwischen Bad Tölz und München, im Berchtesgadener Land, in Garmisch-Partenkirchen und in Kiefersfelden. Zu jedem Gebiet gibt es weiterführende Tipps zu Rafting- und Canyoning-Anbietern. www.checkyeti.com/blog/de/top-5-rafting-bayern.


Das ist Rafting

Wer die Kraft des Wassers wirklich spüren will, ist mit einem rauschenden Ritt über Wellen und Strömungen gut beraten. Gerade Tirol und Bayern sind für ihre „waschechten“ Wildwasser bekannt. Auf Isar, Loisach oder Ötztaler Ache treten Paddelfreunde zum organisierten Schleuderwaschgang an. 


Franziska Horn 

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