Franziska Horn

Autorin. Freie Journalistin, München

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Textildesign: Hygge macht blau

Nicht hygge“, sondern „Lagom“ heißt das Trendschlagwort aus dem Norden. Es bedeutet soviel wie ein „stimmiges, ausgewogenes Leben" – nicht zu viel und nicht zu wenig. Dafür steht auch die Arbeit von Emma von Brömssen.

Die Motive für ihre Designs findet Emma von Brömssen direkt vor Haustür, inspiriert von Schären und Wäldern, von Hühnern und Makrelen, entwirft die Schwedin filigrane Muster für Porzellan und Heimtextilien.

Springende Fische und tanzende Kraniche, Federn, Zweige, Gräser und Blätter – es sind Impressionen der schwedischen Küste von Bohuslän, welche die Designerin Emma von Brömssen in ihre Formensprache übersetzt. Meist in Blau und Weiß, den Farben von Himmel und Meer. „Meine größte Inspiration ist die Natur“, sagt sie. Klingt jetzt nicht besonders aufregend, aber in Brömssens Fall doch sehr authentisch. Ihre Muster für Kissen und Tapeten, Porzellan und Poster, Drucke und Accessoires entstehen mit einem Tuschepinsel, getunkt in einen Hauch japanische Finesse – grafisch, kraftvoll und gleichzeitig filigran und plakativ. Auf ihren Streifzügen durch die Natur, die vor ihrer Haustür liegt, hält sie ihre Eindrücke auf Fotos fest für den eigenen Instagram-Account (emma_von_bromssen), auf dem sie ihre 38 000 Follower mit auf einen Ausflug durch den heimatlichen Schärengarten nimmt. Oder sie dienen als Vorlage für die Skizzen und Zeichnungen, die sie im Rapport zu großflächigen Mustern zusammensetzt.

Als Kind begleitete Emma, Jahrgang 1975, ihren Vater, einen Biologen und Fotografen, durch die Wälder und Inselwelten, um die heimischen Tiere und Pflanzen zu beobachten. Dabei sammelte sie Eindrücke und Ideen für ein ganzes Leben. Seit ihrem Abschluss an der Schule für Design und Handwerk in Göteborg HDK häufte sie ihre Motive an, sie gründete eine eigene Firma und ein Geschäft. Für die Tapetenkollektion Simplicity von Engblad & Co entwarf sie zehn Muster, eine davon ist die erfolgreiche Kollektion „Dancin Crane“: „Ich war schon immer von den Lauten der Vögel und ihrem Aussehen fasziniert. Kraniche sind ein dankbares Thema, wenn man Muster entwirft. Sie haben deutliche Zeichnungen und machen mit ihren Flügeln und Hälsen tanzende Bewegungen. Wenn sie in Schwärmen kommen, bilden sie fast schon ein Muster in sich.“ In Schweden werden Brömssens tanzende Kraniche bereits als Klassiker gehandelt, Kritiker vergleichen ihren Stil bereits mit Entwürfen des österreichisch-schwedischen Architekten Josef Frank für das Label Svenskt Tenn. Von der Zeitschrift Elle Decoration wurde die Designerin 2016 zur Newcomerin des Jahres gekürt. Daneben haben es ihr Hasen, Makrelen und Steppenhühner angetan. Ihr Design „Stäpphöna“ wurde für den prestigeträchtigen Ann-Walls-Designpreis nominiert. Erstaunlich für das digitale Zeitalter ist ihre Arbeitsweise: per Hand. „Meistens nehme ich Tinte und Tuschepinsel. Das gibt den Zeichnungen Vielfalt, und ich mag den Effekt von hellen und dunklen Tönen, der dabei entsteht.“ Zuerst skizziert sie die Linien mit einem Bleistift im Originalmaßstab auf ein großes Blatt Papier vor, erweitert dann die Elemente durch serielle Wiederholung zu einem Muster. „Dann koloriere ich mit einem japanischen Kalligrafiepinsel, diese speichern die Tinte gut, und man kann ganz leicht dünne Linienziehen. Im nächsten Schritt scanne ich die Zeichnung und setze das Grundmuster im Computer mehrmals aneinander, sodass sich ein gleichmäßiges Bild ergibt.“ Die Entwürfe der Designerin, die an der Küste im Schärengarten vor Göteborg lebt, muten japanisch-skandinavisch an, aus ihnen sprechen Ruhe, Beobachtungsgabe, Ausgeglichenheit – Letzteres heißt auf Schwedisch „Lagom“, ist nicht direkt übersetzbar und nach „Hygge“ das Trendschlagwort aus dem hohen Norden "Lagom är best“ bedeutet so viel wie „die richtige Menge“ und ist dabei weit mehr als nur ein Wohnstil. Lagom, das meint ein in sich stimmiges, ganzheitliches Leben, ausgewogen, nicht zu viel, nicht zu wenig, und steht damit für die goldene Mitte und eine natürliche Balance. Für „typisch schwedisch“ hält (...) 



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