Schon mal vom „Osttiroler Fünf-Kampf“ gehört? Dazu zählen die Disziplinen Skifahren, Schlitteln, Skitouren-Gehen, Schneeschuhwandern – und Schlipfkrapfenfuttern.
Stolze 266 Dreitausender besitzt der Naturpark Hohe Tauern mit der Alpenregion Osttirol. Ganz so hoch geht es heut nicht hinauf, das Rodeltaxi setzt die Gäste abends auf rund 1600 Meter Höhe vor der Dolomitenhütte ab. 1936 erbaut, thront die Lärchenholz-geschindelte Hütte wie ein Adlerhorst über einer senkrechten Felswand. Tief unten im Tal leuchten die Häuser von Lienz, oben steht ein Halbmond über spitzen Bergzacken, rundherum schimmert ein Meter Tiefschnee.
Drinnen im Jägerstüberl schmückt viel Geweih die Holzwände, während ordentliche Portionen Hirschgulasch oder Schlipfkrapfen die Teller zieren. Der Rodel-Fan braucht schließlich eine kulinarische Grundlage. Dann geht es hinaus zum Nachtrodeln und über Serpentinen die frühere Mautstraße rasant bergab, siebeneinhalb Kilometer und fast 1000 Höhenmeter sind es hinunter zum Tristacher Sportstadion. Wohl dem, der schon mal einen Schlitten gelenkt hat.
Am Morgen lacht dann die Sonne über den Dächern von Lienz. Vom Hauptplatz aus erblickt man Berge in allen Richtungen. Nördlich liegt das Skigebiet Zettersfeld mit seinen familientauglichen Pisten unter dem 2278 Meter hohen Schoberköpfl. Bei der Mittagsrast in der Naturfreundehütte gibt es wieder, genau: Schlipfkrapfen, zarte Teigtaschen mit Gemüsefüllung und zerlassener Butter. Man kann nicht genug davon haben. Wen man so trifft beim Schmausen? Zum Beispiel die Ex-Skirennfahrerin Eva Haselsteiner, die im Tourismus arbeitet.
„Die Osttiroler sind rebellisch in ihrer DNA", erzählt Haselsteiner. „Ein Beispiel: Die Frauen von Kals haben sich 1987 sehr gegen den geplanten Stausee gewehrt, auch, indem sie ihre Arbeit niederlegten. Das Ergebnis? Der Damm wurde nicht gebaut, stattdessen entstand in Nähe des Großglockners der Nationalpark Hohe Tauern." Ein direkter Draht zur Natur gepaart mit Widerspruchsgeist - die Osttiroler fahren gut damit. Auf oder neben der Piste, denn im stillen Villgratental findet 2019 zum sechsten Mal das Skitourenfestival statt, mit Vorträgen und geführten Touren für alle Könnerstufen. Warum gerade hier? Das erklärt Bergführer Hannes Grüner im Haus Valgrata: „Weil wir hier eines der letzten ursprünglichen Täler Europas haben mit viel freiem Gelände zum Abfahren. Unterwegs trifft man ein paar Gämsen, sonst niemand", sagt Grüner auch. Darum lautet das Motto von Osttirol ganz konsequent: „Kommen Sie zu uns - wir haben nichts!" Und dieses Nichts ist eh das Beste: keine Skischaukeln oder Menschenmassen, keine Liftschlangen oder Bettenburgen, keine Touristenfallen, keine Staus.
Dafür gibt es Stars zum Anfassen: Der amerikanische Extrembergsteiger Steve House, Jahrgang 1970, zählt zur weltweiten Top-Elite. Mit 18 ging er seine erste Skitour - in Osttirol. Auf dem Festival referiert er über Risiken am Berg. Mit Fans geht er auf Skitour, aufs örtliche Marchkinkele zum Beispiel. Die Osttiroler haben gelernt, mit dem vermeintlichen Nichts zu wirtschaften. Wenn dir das Leben eine Zitrone gibt, mach Limonade daraus, heißt ein Sprichwort. Oder aus Gletscherwasser eine Speckknödelsuppe, den berühmten Defregger Senf und was die heimische Küche sonst so hergibt.
Und das ist viel: Beim alljährlichen Terrassen-Event wartet der Lienzer Hauptplatz mit Après-Ski, Gourmet- Pavillons und Marktstandln auf. Die Welt trifft sich hier - zumindest auf dem Teller: Da gibt es geräucherten Ziegenmozzarella oder Bio-Virgentaler, geräucherte Forelle, Spicy Kalbsroulade mit Tricolore-Quinoa, Sushi und Dolomitentapas.
Wer den Geheimnissen der heimischen Küche nachgehen will, ist bei Margit Aigner vom Tassenbacherhof im Strassen willkommen. Hinter den Mauern des historischen Hofs vom Ende des 15. Jahrhunderts überrascht ein Gewölbekeller mit Hightech-Küche, wo Margit Kurse im Keks- und Brotbacken gibt.
Am nächsten Tag steht noch die Audienz beim Monarchen an: eine Schneeschuhtour zu Füßen des Großglockners, Höhepunkt Osttirols und Österreichs. Start ist beim Lucknerhaus auf 2000 Meter Höhe, dann führt Nationalpark-Ranger Hermann Mauthner seine Eleven zur „Nature Watch" in Richtung Glorer Hütte. Mit Fernglas gewappnet heißt es, Tierspuren und Steinwild zu sichten. Wie auf Kommando erscheint Rupert, ein Steinbock, auf dem Grat zur Medelspitze. Gütig überblickt er sein Reich und die dahinstapfenden Besucher. So ein Nichts ist der ultimative Reichtum.
Anreise
Per Auto bis Kiefersfelden/Kufstein. Letzte Ausfahrt vor der Staatsgrenze, keine Vignette erforderlich. Ab Kufstein über Felbertauernstraße nach Osttirol. Mit Bus & Bahn über München, Bozen, Brixen, Sillian bis Lienz.
UnterkunftDas familiär geführte Ferienhotel Moarhof liegt am Stadtrand von Lienz mit einem herrlichen Blick auf die Lienzer Dolomiten. DZ mit Frühstück ab 76 Euro, www.hotel-moarhof.at
In spektakulärer Lage erlaubt die Dolomitenhütte auf 1600 Metern alpine Eindrücke vom Feinsten. Übernachtung im Familienzimmer (3/4 Betten) mit Frühstück ab 40 Euro pro Person. http://dolomitenhuette.at
Essen und TrinkenGasthof Badlalm, 1640 m, ist Ausgangspunkt für Skitouren in Innervillgraten, www.badl-alm.at
Ein authentisches Haubenlokal ist der Gannerhof mit feinen Gerichten, einer Stuben und Ursprüngen im 12. Jh. www.gannerhof.at
Die Gamsalm serviert Glockner-Salat, Carpaccio vom Bio-Rind - oder lieber Pizza? Gibt's alles direkt am Pistenrand am Fuße des Großglockners, www.Gamsalm.at
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