Man könnte ihn einfach ignorieren, jenen neudeutschen Schriftsteller, bekannt für große Worte statt einen großen Roman, der sich seit Jahren wohlfühlt in seiner Besserwisserei und nun einen Text für Deutschlands Wohlfühl-Feuilleton geschrieben hat, in dem er andere neudeutsche Schriftsteller dafür kritisiert, dass sie Wohlfühl-Literatur schreiben und Wohlfühl-Preise kassieren. Schon komisch, oder? Aber dann muss man sich doch über ihn ärgern, denn Maxim Biller ohne großen Roman nennt den großen Roman "Leyla" von Feridun Zaimoglu einen "Genuss für jeden Deutschen, der seinen Rassismus hinter einer scheinlinken Islamkritik versteckt", nennt Zaimoglu selbst einen "braven Neubürger", der sich angepasst habe, und fragt: "Warum fällt meiner Lieblingsbuchhändlerin zuerst gar kein Autor ein, wenn ich sie nach Immigrantenliteratur frage, und dann ausgerechnet Zaimoglu?"
Nun, vielleicht weil Zaimoglu dieses Frühjahr schon wieder einen großen Roman geschrieben hat, "Isabel", und weil dieser Roman exakt die Forderung erfüllt, die jener Gernegroß so billig an die deutsche Migrantenliteratur herangetragen hat: Der Text ist wild, ehrlich, bis ins Mark ethnisch und authentisch. Es ist ein Text, in dem sich niemand wohlfühlt, und mit dem sich auch kein Leser einfach wohlfühlen kann.
Zaimoglu, 49, hat einen Berlin-Roman geschrieben, in dem Berlin arm ist, aber alles andere als sexy. Es gibt in diesem Roman keine Kunstgalerien, keine Avantgarde-Theater, keine Bionade-Bars ...