Für mich ist das mit den Ideen ein bisschen wie auf Safari: Ich stehe früh auf und gehe auf die Pirsch. Folge den Spuren. Bin manchmal enttäuscht, wenn sie ins Leere laufen. Ziehe am nächsten Tag trotzdem wieder los. Und dann, oft unerwartet, steht sie vor mir, wie eine langhalsige Giraffe, ein imposanter Löwe, ein massiger Elefant: die Idee, wunderschön und wild. Ich weiß sofort, wenn ich sie sehe: Das ist es - so wie man auch einen Tiger nicht mit einer Hauskatze verwechseln würde. Mein Herz klopft schneller und Adrenalin schießt in meinen Körper. Ich bin sofort hellwach. Ich habe eine Idee gefunden und die Arbeit kann losgehen.
Die Angst vorm weißen BlattWas aber, wenn die Ideen ausbleiben? Was, wenn man tagelang vor dem Rechner sitzt und es passiert: nichts. Oder schlimmer noch: Was, wenn ein: Kund:in etwas in Auftrag gegeben hat - eine neue Webseite, ein Logo, einen Schrank, einen Text, ein Konzept - und im Kopf sind nur Knoten?
Die schlechte Nachricht zuerst: Geistesblitze kann man nicht erzwingen. Ideen wachsen nicht auf Bäumen. Kultivieren und pflegen kann man sie aber sehr wohl.
Ordnung schaffen: Aufräumen im KopfWer Raum für Ideen haben will, muss im Kopf erstmal Platz schaffen. Du kannst zum Beispiel alle To-dos auf eine Liste schreiben. Und alle Ideen, für die gerade keine Zeit ist, auch - wer weiß, wann du sie mal brauchst. Wenn dein Gehirn dauernd daran denken muss, dass noch eine Rechnung fällig ist und nächsten Dienstag Tante Irmas Geburtstag - dann wird dazwischen selten Kreatives aufblitzen.
Anfangen: Bye bye, PerfektionismusSelbst wenn es sich in diesem Moment nicht so anfühlt: Anfangen hilft fast immer. Am besten ohne den Anspruch, direkt zu einem perfekten Ergebnis zu gelangen. Also: Internet ausschalten, auf einem leeren Blatt lose Gedanken sammeln, sich von einem zum nächsten hangeln. Wenn gar nichts geht, vertagen. Stattdessen:
Den Fokus verschieben: Ortswechsel, Sport, NebenjobEs muss nicht gleich eine Workation in den Alpen sein, manchmal reicht es schon, einen Morgen im Café statt daheim zu arbeiten oder sich mit einem Tagespass in einem Co-Working-Space einzumieten. Auch eine Runde Sport oder ein Spaziergang wirken Wunder für überstrapazierte Gehirnstränge.
Ein etwas ausgefallenerer Vorschlag: Wie wäre es mit einem Nebenjob, auf 450-Euro-Basis oder ehrenamtlich, der so gar nichts mit der eigenen Selbstständigkeit zu tun hat, zum Beispiel als Barista, Hundesitter:in oder Einkaufshelfer:in?
All diese Dinge helfen bei akutem Ideenmangel, noch besser aber als Vorsorge - denn die besten Ideen kommen oft, wenn man gerade etwas ganz anderes macht.
Inspiration: Bücher, Filme, GesprächeZugegeben: In dem Moment, in dem man dringend eine Idee braucht, ist es dafür manchmal schon zu spät. Besser ist es, regelmäßig im Austausch mit der Welt zu sein: Ob Bücher, Netflix oder Gespräche mit Freund:innen - der Austausch mit anderen Gedankenwelten ist wie Dünger für den eigenen Ideengarten.
Deine eigene Routinen findenVielleicht haben dich nicht alle Tipps angesprochen. Wichtig ist, dass du dir nach und nach eine eigene Routine baust aus Sachen, die für dich funktionieren. Friedrich Schiller hatte zum Beispiel eine Schreibtischschublade mit faulen Äpfeln, er brauchte den Geruch zum Arbeiten. Haruki Murakami rennt jeden Tag zehn Kilometer. Marie Kondo öffnet morgens als Erstes die Fenster und fackelt Weihrauch ab. Wie sagt man so schön? Whatever floats your boat!
Vorsorgen: Ideen angemessen bezahlen lassenEgal, was du tust, um deine Ideen im Fluss zu halten: Du brauchst dafür Zeit. Das solltest du im Blick haben, wenn du die Preise für deine Produkte kalkulierst. Du kannst nicht 40 Stunden in der Woche Ideen generieren, die alle aus den Socken hauen. Völlig egal, ob du dich von Büchern inspirieren lässt, bei Spaziergängen oder durch Meditation: deine Kund:innen profitieren davon. Das darf sich auch auf deiner Rechnung niederschlagen.
Maria-Xenia Hardt ist freie Autorin, Moderatorin und Dozentin in Freiburg. Sie schreibt und redet über und für mutige, selbstbestimmte Menschen. Die Anglistin hat zu Helden im Fernsehen promoviert und längere Zeit in Schottland sowie den USA verbracht. Sie liebt große Ideen, klares Storytelling, einfach gute Texte - und ihren Freitag auf dem Ponyhof.