Ich hätte gerne Kinder, am liebsten zwei. Das Leben ist aber kein Wunschkonzert - sondern viel eher ein Supermarkt. Das Lieblingseis ist gerade ausverkauft. Erst zu Hause merkt man, dass die Avocado matschig ist. Plötzlich kommt eine Laktoseintoleranz hinzu, die von einem Tag auf den anderen unsere Auswahl einschränkt. Und für jedes Produkt müssen wir einzeln bezahlen.
Was ist, wenn mein Supermarkt des Lebens keine zwei Kinder für mich im Angebot hat? Oder ich mich doch dafür entscheide, mein Geld lieber für Antipasti statt für Windeln auszugeben?
Spätestens ab Ende zwanzig ist der Nachwuchs ein beliebter Inhalt von Unterhaltungen. Na, wann ist es bei euch so weit? Dazu ein Gläschen Sekt und einen Unterton, der einem Vorwurf nahekommt, wenn man eben noch keine Antwort darauf an, wann aus dem Arbeitszimmer ein Kinderzimmer wird. Babys sind kein Thema für Small Talk. Die eigene Zukunft wird zu einem leidigen Thema, wenn sich andere ständig einmischen. Dabei erzeugen sie nur Druck - und keinen Nachwuchs.
PENETRANTE FRAGEN KÖNNEN VERLETZEN
Manchmal liegen Wunsch und Wirklichkeit nämlich weit auseinander. Nicht jedes Leben hat immer alles im Angebot. So sehr wir es uns auch wünschen, wir können wahrscheinlich nicht alles erreichen, was wir uns vornehmen – egal, ob im Beruf, der Freizeit oder im Privatleben. Gerade bei Fragen nach einer geplanten Schwangerschaft stehen die Chancen, in ein Fettnäpfchen zu treten, ziemlich gut. Oft sind die Ausgefragten nämlich nicht freiwillig kinderlos: Einer Umfrage des Bundesfamilienministeriums aus dem vergangenen Jahr zufolge ist jede zehnte Person zwischen 20 und 50 Jahren ungewollt ohne Nachwuchs. Zum Beispiel wegen Unfruchtbarkeit. Oder, weil einer von beiden keine Kinder möchte. Vielleicht klappt es aber auch einfach nicht. Die Gründe sind vielfältig, warum sich nicht jede und jeder den Kinderwunsch erfüllen kann.
Penetrante Fragen und Kommentare zum Nachwuchs sind nicht nur nervig, sie können auch verletzen. Im Schnitt verliert jede sechste Frau ihr Kind innerhalb der ersten 24 Wochen. Meistens passieren Fehlgeburten ohne einen bestimmten medizinischen Grund. Aber sie sind ein traumatisches Erlebnis für viele Frauen. Meinen Eltern wurde gerne mal geraten, aufzupassen, dass sie mich nicht zu sehr verwöhnen - so als Einzelkind. Dass meine Mutter vor mir zwei Fehlgeburten hatte, und ich deswegen ohne Geschwister aufgewachsen bin, haben die Kommentatoren wahrscheinlich nicht gewusst. Ein gesundes Kind hat meinen Eltern nach diesen Erfahrungen gereicht.
Wenn ich als Frau ohne Partner einen Kinderwunsch habe, wird dieser gerne mit dem Hinweis kommentiert, dass ich dafür ja erstmal einen Mann finden müsste. Muss ich das? Ich könnte mir auch vorstellen, alleine ein Kind zu bekommen. Jetzt noch nicht, mit Mitte 30 aber schon. Wenn ich kurz vor Ladenschluss noch von meiner Einkaufsliste abweichen muss, dann werde ich es eben machen. Mama ohne Partner zu werden ist jedenfalls leichter als Papa ohne Partnerin. Samenspende ist in Deutschland erlaubt - Leihmutterschaft nicht. Männern bleibt dann nur der Weg über Adoption oder Co-Elternschaft.
Es scheint ihn zu geben, den perfekten Einkauf: Mutter, Vater, Kind, Kind. Dazu noch einen Ring am Finger. Diese Lebensvorstellung wird immer noch problemlos angenommen. Lebensentwürfe, die gewollt oder ungewollt davon abweichen, werden immer noch als außerhalb der Norm betrachtet. Es sollte uns leichter fallen, sie zu akzeptieren. Besser noch: Sie als gleichwertig betrachten und genauso unterstützen. Dafür müssen wir über unerfüllte Kinderwünsche sprechen können, so jemand das denn möchte. Und über die Alternativen zur Durchschnittsfamilie: Mit Ende 30 ein Kind adoptieren. Pflegekinder aufnehmen. Alleinige Elternschaft. Eine Regenbogenfamilie gründen. Kinderlos und in wilder Ehe leben. Der Supermarkt des Lebens hält für alle etwas anderes parat.
Das komplette Dossier zum Thema finden Sie unter https://www.weser-kurier.de/thema/die-k-frage/.
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