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Runter vom Sofa - Heuhusten

Gestern „Jugend forscht“. Nicht ganz freiwillig, aber gut, der Dings hat auch nicht direkt geplant gehabt, dass wenn er nur lang genug die Brotzeitteller nicht abspült, dann entdeckt er schon ein Penicillin. Ich also in bester Entdeckermanier umeinandergesessen und der Dinge geharrt, die da so kommen an einem lauen Savannenabend im April, und wie das dann so ist in einer Steppenwüste, kam ein rechter Wind auf, kein sehr süßer wie die klitzekleine Windhose, die neulich durch die Kirschblüte sich getapfert hat, Windstrampelanzug quasi, sondern eher ein stattlicher Blaumann. Der ist also durch die Reihen süßen Nichtstuns gezinnobert und hat einmal alles sauber durchgefegt. Pizzaschachteln sind geflogen, Sonnenschirme auch, und das ein oder andere Glas hat er auch gleich abgeräumt, der Wind. Vor allem aber hat er in bester aschenputtlerischer Manier an einer Kastanie geschüttelt, dass es eine wahre Freude war, doch anstatt dass es Gold und Silber über mich geregnet hätt, hab ich erst einmal kurz einen Schreck bekommen. Mit dem Finger schon auf der Telefonnotruftasten, weil du weißt ja nie bei dieser argen Trockenheit, hab ich dann grad noch rechtzeitig erkannt, dass nicht etwa Rauchwolken aus dem Baum aufgestiegen sind, sondern solchene aus Pollen! In mächtigen Schwaden hat’s aufgewirbelt, und ich hätte das niemals so gesehen, wenn nicht eine spezialgute Zufallskombination aus spätabendlicher Dunkelheit und innerstädtischer Denkmalbeleuchtungslichtverschmutzung mir die Situation wortwörtlich erhellt hätte. „Da muss man sich ja nicht wundern“, hab ich schlau geschlussfolgert, „dass auch der stabilste Mensch grad gern Scheibenwischer auf die Iris montieren tät“, und hab geschwind zum Glas gegriffen, um den nächsten tiefen Schluck zu nehmen, und Selbstreinigungsrückstände den Schlund wieder hinabzuschicken, weil man hat ja schweren Heuhusten grad, ein jeder leidet, juckt und niest, Straßenzüge beginnen unter gelben Wanderdünen zu verschwinden, und während mich im letzten Jahr noch die Fichte mit ihrem Fortpflanzungsjahr erfreut hat, klage ich heute über eine Grenzerfahrung, die mich an die greifvogel’sche Angewohnheit denken lässt, sich Unverdaulichen durch das Hochwürgen von Speisebällen zu entledigen, die auch „Gewölle“ genannt werden, und ob man aktuelle Stoffwechselprodukte möglicherweise als „Gepölle“ bezeichnen muss. Doch Rettung nahte in grünem Gewand: „In der Naturheilkunde kommt Bärlauch als Heilmittel oft zur Anwendung“, las ich freudig, und weiter, dass die Heilwirkung ätherischen Ölen und deren positiver Auswirkung auf die Atemwege zuzuschreiben seien ... Eineinhalb Kilo Bärlauchpesto später muss ich sagen, dass da schon auch hätt dabeistehen können, das es sich hierbei allerhöchstens um meine eigenen Atemwege handeln kann, dafür aber immerhin die „unheilabwehrenden Eigenschaften“ erklärt sind, denn mit wem sich niemand mehr unterhalten will, dem wird auch wenig Unheil angetragen. Oder andersherum: Wer das noch riecht, hat viel zu wenig Schnupfen!