Man schreibt das Jahr 1932, den Vorabend von Hitlers Machtergreifung. In
der Luft liegt Katastrophenstimmung, der Stummfilm in den letzten
Zügen. Der Schweizer Regisseur Nägeli bietet den Nazis an, zwischen der
UFA und der japanischen Filmindustrie in Tokio eine „zelluloidene Achse“
zu bauen. Dazu reist er nach Japan, wo er mit dem mysteriösen Masahiko
Amakasu einen Gruselfilm drehen soll. Die drei Akte des japanischen N?-
Theaters geben Dramaturgie und Tempo vor: Der erste erforscht die vor
Grausamkeiten und Erinnerungen strotzenden Träume Nägelis und Amakasus,
im zweiten zieht das Tempo an, und die Handlung bricht sich Bahn, im
dritten lichtet sich das Tableau, und es kehrt Grabesstille ein. Wenn
Literaturerzbischof Denis Scheck einen Autor vorab zum Exklusivgespräch
trifft und das Buch mit Attributen wie „brillant“, „virtuos“ und
„faszinierend“ bejubelt, kann man ihm Glauben schenken. Man kann ihm
aber auch wie Jürgen Kraube (FAZ) Publikumstäuschung und Freundeslob
unterstellen. Übertrieben ist beides. „Die Toten“ ist eine kunstfertige,
intellektuelle Reflexion über die Zeigbarkeit des Grauens, könnte aber
noch besser sein, stünde sich der Roman nicht manchmal mit
Detailschwärmerei, Thomas-Mann-Allüren und ins Bescheuerte kippenden
Metaphern selbst im Weg.
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