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Die verlorene Generation

Maria und Javier hoffen, dass sie nach dem Studium einen Job finden.

Spaniens Jugendliche haben die Wahl zwischen arbeitslos sein, Billiglohn oder auswandern. Sie sind wütend, leben in WG - und haben biedere Wünsche.


Maria und Javier studieren, weil sie nach der Schule keine Arbeit gefunden haben. Sie will Lehrerin werden, er will später in einem Büro arbeiten. Sie haben simple Wünsche: eine eigene Wohnung, ein Auto, vielleicht hin und wieder essen gehen.

Es wird nicht leicht für die zwei jungen Basken. 39,7 Prozent der 15- bis 29-jährigen Spanier sind arbeitslos, obwohl die Wirtschaft, nachdem sie fünf Jahre geschrumpft ist, endlich wieder wächst. "Aber das kommt bei den Jungen nicht an", sagt Fabio Gonzales. Gonzales ist 30 Jahre alt, studierter Soziologe. Er hangelt sich von einem Job zum nächsten: Die wenigen freien Arbeitsplätze seien auf wenige Monate befristet, sagt er. Mehr als 50 Prozent der jungen Arbeitnehmer haben einen zeitlich begrenzten Arbeitsvertrag.

Selbst wenn die Jugendlichen zu den Glücklichen gehören, die eine Arbeit haben, können sie oft nicht davon leben. Im vergangenen Jahr gaben 68,5 Prozent der 15- bis 29-jährigen Spanier an, dass sie unfreiwillig Teilzeit arbeiten. "Früher galten 1000 Euro Monatslohn als schlechter Job - heute freuen wir uns, wenn wir so viel verdienen", sagt Gonzales. Die eigene Zukunft könne er so nicht planen.


Billiglohn aber hohe Lebenserhaltungskosten
Die Basken leiden besonders unter dem Billiglohn, denn die Lebenserhaltungskosten sind hoch. In Bilbao sei der durchschnittliche WG-Mitbewohner 31 Jahre alt, sagt Gonzales, in San Sebastián sogar 35. "Ich bin 30, ich fühle und denke aber wie ein 20-Jähriger. Ich lebe in den Tag hinein, weil mir keine andere Möglichkeit bleibt", erläutert er. Das hat Auswirkungen: Die Geburtenrate der Basken ist mit 8,8 Geburten auf 1000 Einwohner weit unter dem EU-Durchschnitt und liegt auch unter der von Österreich (9,4 Geburten auf 1000 Einwohner).

Itziar zählt zu den wenigen jungen Basken, die eine eigene Wohnung besitzen. Die 27-Jährige hat vor Kurzem geheiratet, daher fördert die Regierung ihre Wohnung. Itziar hat auch einen Arbeitsplatz. An der Deusto-Universität in Bilbao ist sie für die Subventionsanträge zuständig. Davor war sie fünf Monate arbeitslos. "Ich hatte sehr viel Glück - auch, weil ich sehr gute Noten im Studium hatte", sagt Itziar. Viele ihrer Freunde sind arbeitslos - oder wandern aus.


"Wir arbeiten viel und verdienen nichts"
"Wir haben keinen Job - oder wir arbeiten viel und verdienen nichts. Daher verlassen wir Spanien, um anderswo ein besseres Leben zu suchen", sagt Marina. Sie ist in der Jugendorganisation Juventud sin Futuro aktiv, aus der sich auch die Podemos-Partei entwickelt hat. Die Podemos-Partei hat zuletzt bei der Europawahl 7,97 Prozent der Stimmen und damit fünf Parlamentssitze erobert. Sie sieht sich als Protestpartei, als Stimme gegen Korruption und Sparkurs.

Viele Jugendliche in Spanien befürchten, dass ihr Lebensstandard unter dem ihrer Eltern liegen wird. Marina gibt der spanischen Regierung die Schuld: Sie habe die Krise benutzt, um die Rechte der Arbeitnehmer, die Chance auf Bildung und die Gesundheitsversorgung zu kürzen. "Dabei ist es gar keine Krise, es ist ein Schwindel", sagt Marina. Die Regierung solle nun aufhören, die Privilegien der Banken, Unternehmen und der Politiker mit öffentlichem Geld zu sichern, und stattdessen die Grundversorgung für die Bevölkerung finanzieren. "Wir wollen nicht gehen, aber die Regierung wirft uns aus dem Land!", sagt Marina.


Mit dem eigenen Modeunternehmen aus der Krise
 Alberto hat einen anderen Weg gefunden, mit der hohen Arbeitslosigkeit umzugehen. Er hat sein eigenes Modeunternehmen in Bilbao gegründet. "Mal geht es besser, mal schlechter. Aber ich kann davon leben", sagt der 37-Jährige. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagen jedoch nicht viele Spanier, denn es gebe wenig Unterstützung von der Regierung, sagt Alberto. "Ich hatte Ersparnisse - und die Hilfe meiner Eltern."

Auch der Soziologe Fabio Gonzales will ein Meinungsforschungsunternehmen gründen. "Ich fühle mich aber ziemlich alleingelassen", sagt er. "Für mich als Kleinunternehmer gilt derselbe Steuersatz wie für Coca-Cola." Zudem sei es schwierig, das notwendige Kapital aufzutreiben. Gonzales hofft dennoch, dass er Erfolg hat. Ihm ist es wichtig zu handeln. "Unsere Eltern haben die Demokratie durchgesetzt - viele halten uns Junge nun für faule Alkoholiker", sagt Gonzales. "Doch sie müssen verstehen, dass das Leben für uns nicht einfach ist."

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