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Polizisten machen am Mittwoch Jagd auf Arbeiter des Unternehmens »Foxconn«. Der »Apple«-Zulieferer produziert in der chinesischen Stadt Zhengzhou Bauteile für das »iPhone«. Foxconn hatte zuletzt einen starken Anstieg von Coronainfektionen in der Fabrik gemeldet und riegelte sie deshalb ab. Ende Oktober waren bereits etliche Beschäftigte zu Fuß vom Fabrikgelände geflohen.
Ausschreitungen gab es auch in der Großstadt Guangzhou. Berichten zufolge zeigen die Aufnahmen aus der vergangenen Woche Textilarbeiter. Sie sollen aus einer Corona-Quarantäne entlassen worden sein – wegen lokaler Ausbrüche in der Stadt durften sie aber nicht in ihre Wohnungen zurückkehren.
Christoph Giesen, SPIEGEL-Korrespondent in Peking
»Was wir dort sehen, ist, dass es offenkundig zu Protesten in Guangzhou gekommen ist. Und das sind auch Sachen, die man punktuell, zum Beispiel auch in Shanghai gesehen hat, dass also Leute überdrüssig und frustriert, ob dieser ganzen Coronamaßnahmen sind und sich nicht irgendwie in einem Lockdown wegsperren lassen wollen.«
Guangzhou wird auch »Fabrik der Welt« genannt: Modeketten wie »H&M«, »TK MAXX« oder »Asos« lassen hier produzieren. Die Region verzeichnet inzwischen täglich Tausende Neuinfektionen mit dem Coronavirus.
Christoph Giesen, SPIEGEL-Korrespondent in Peking
»Die Covid-Situation gerät momentan so ein bisschen außer Kontrolle hier in dem Land. Verglichen mit dem, was wir aus Europa oder den USA an Fallzahlen kennen, ist das natürlich noch gerade wenig. Peking hat keine 1000 Neuinfektionen am Wochenende gehabt, aber trotzdem ist das ein Alarmzeichen für die Städte hier, sehr, sehr harte Maßnahmen in die Wege zu leiten. Und das sind natürlich dann die Sachen, die wir sehen.«
Diese Maßnahmen sind teuer: Allein die PCR-Tests kosten den chinesischen Staat pro Jahr schätzungsweise umgerechnet 250 Milliarden Euro. Getestet wird in China weiterhin viel: Es ist üblich, in Geschäften oder Restaurants einen PCR-Test nachweisen zu müssen, der nur zwei oder drei Tage alt sein darf. Viele Chinesen machen deshalb mehrmals pro Woche einen Test – volle Kontrolle gegen eine – so die Staatsführung – ernste Gefahr.
Christoph Giesen, SPIEGEL-Korrespondent in Peking
»Die Situation ist, dass die Propaganda den Chinesen eigentlich in den vergangenen Jahren eingeimpft hat, dass Covid eine sehr, sehr gefährliche Krankheit ist, und dass es nur dem Erfolg und der Tätigkeit der Kommunistischen Partei Chinas zu verdanken ist, dass dieses gefährliche Virus außer Landes gehalten worden ist. Das heißt also, die Angst, die man hier vor dem Virus hat, die ist sehr, sehr groß. Und deshalb reichen eigentlich auch schon diese relativ geringen Fallzahlen aus, um für Verwirrung und für Angst und Sorge in der Bevölkerung zu sorgen.«
Hinzu kommt eine bedeutende Impflücke, vor allem bei den älteren Menschen. Bis zu 90 Millionen Chinesen im Alter über 60 sollen nicht oder nicht vollständig geimpft sein. Und die Booster-Quote in China lag den Behörden zufolge Anfang Oktober bei nicht einmal 60 %.
Zong Guangyao, Rentner
»Wir hoffen einfach, dass die Maßnahmen gelockert werden, damit wir älteren Menschen wieder einen Ort zum Trainieren haben. Wenn wir zu Hause sind, können wir zwar Lesen, wir haben viele Bücher, aber für unsere Gesundheit sollten wir nach draußen gehen.«
Wang, Rentnerin
»Früher sind wir viel gereist. Als die Pandemie nicht da war, sind wir überallhin: Shenzhen, Hongkong. Aber in den letzten zwei Jahren sind wir nirgendwohin.«
Wegen der Null-Covid-Strategie und der strikten Maßnahmen ist ein großer Teil der Bevölkerung – anders als etwa in Europa oder in den USA – bislang auch noch nicht mit dem Virus in Berührung gekommen.
Christoph Giesen, SPIEGEL-Korrespondent in Peking
»Und dann kam Omikron, und dann merkte man eigentlich zum ersten Mal im vergangenen Januar, dass dieses Virus viel, viel ansteckender ist. Und trotzdem hat man es halt weiterhin mit der alten Zero-Covid-Strategie versucht zu bekämpfen. Und das Schlagwort hier ist die doppelte Null, die man den Kadern und Verwaltungsbeamten als Leitmotiv mit auf den Weg gegeben hat. Das heißt also, das Ziel sind null Fälle, aber auch null Chancen, dass es überhaupt einen Fall gibt.«
Guangzhou, Zhengzhou und auch Peking: Die Coronaausbrüche in China sind die größten seit dem Frühjahr 2022. Damals hatte Chinas Regierung die Metropole Shanghai für zwei Monate abgeriegelt.
Welchen Plan die chinesische Regierung für die kommenden Monate hat, ist eher unklar – zuletzt hat sie die Coronaregeln etwas gelockert.
Christoph Giesen, SPIEGEL-Korrespondent in Peking
»Man weiß es eigentlich noch nicht so richtig, wo in welche Richtung es geht. Also, vor gut zwei Wochen gab es hier von der Regierung eine eilig anberaumte Pressekonferenz, in der man zwanzig eher kleinteilige Einzelmaßnahmen vorgestellt hat, was passieren soll. Dazu gehörte zum Beispiel, dass die Quarantäne bei der Einreise nach China verkürzt worden ist. Aber es ist noch nicht so die große Linie verkündet worden.«
In Guangzhou sind Berichten zufolge mit dem Ausbruch Schulen, Fabriken und viele Geschäfte geschlossen worden. Und auch in Peking wird mit einer Verschärfung der Maßnahmen gerechnet.
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