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Bundespräsident Steinmeier besucht Georgien: Diplomatie an der Grenzlinie

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Zum Abschluss seines Besuchs in Georgien hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Übergangsstelle zur abtrünnigen Region Süd-Ossetien besucht. Das Gebiet hat sich von Georgien losgesagt und wird faktisch von Russland kontrolliert. Dort traf er Mitglieder der EU-Beobachtungsmission. An der innergeorgischen de-facto Grenzlinie hatte es in den vergangenen Monaten zunehmend Spannungen gegeben. Aus Odzisi berichtet Alexander Moritz.

Manuskript

„Hallo ich grüße Sie. Woher kommen Sie? Aus Sachsen!“

Bundespräsident Steinmeier trifft deutsche Polizistinnen und Polizisten der EU-Beobachtermission in Georgien. Seit dem Ende des Krieges gegen Russland vor elf Jahren soll die Mission über die Einhaltung des Friedensplans wachen.

Hier am Checkpoint Odzisi lief bis vor kurzem noch der Verkehr: Georgier, die im abtrünnigen Süd-Ossetien leben, kamen täglich vorbei auf dem Weg in die Arbeit, berichtet Des Doyle, der Sprecher der EU-Mission. Doch seit Anfang September lassen die Kontrollposten auf Seite Süd-Ossetiens niemanden mehr durch.

„That will have an effect on the livelyhoods on both sides of the boundary, because there are no crossings on a daily basis. So that restricts freedom of movement.”

Die Bewegungsfreiheit der Anwohner sei massiv eingeschränkt - mit Auswirkungen auf beiden Seiten. Die von Russland unterstützten Süd-Osseten arbeiten seit Jahren daran, die Verwaltungslinie zu einer echten Grenze auszubauen: Stacheldraht, feste Zäune und Kontrollposten sollen die Abspaltung dauerhaft zementieren – in Süd-Ossetien ebenso wie im westlichen Landesteil Abchasien.

Vom Übergangsstelle Odzisi aus gut zu erkennen auf der andere Seite des Tals ist ein neu gebauter Gebäudekomplex: Laut EU-Beobachtern eine von 38 Basen, die die russische Grenzpolizei inzwischen auf georgischem Gebiet eingerichtet hat.

Diese Besetzung sei eine „unerträgliche Tatsache“, sagte Bundespräsident Steinmeier bei einem Treffen mit Georgiens Präsidentin Surabischwili: „Der Besuch dient auch dazu, öffentlich noch einmal in Erinnerung zu rufen, dass es hier in Georgien einen Konflikt gab und gibt, der viele Lasten – auch humanitäre Bedingungen mit sich bringt, insbesondere wo der Zugang zu medizinischen Dienstleistungen ausgesprochen schwierig ist.“

Dazu kommt, dass Russland zunehmend versucht, Anspruch auf bisher georgisch-kontrolliertes Gebiet zu erhebt – etwa indem plötzlich 100 Jahre alte Karten als Grundlage für den Verlauf der innergeorgischen Grenze herangezogen werden, statt wie bisher militärische Vermessungen aus den 80ern.

„With different lines being used, different maps being used – even though our perception is clear – people can become confused.“ Für Boyle ist die Strategie dahinter klar: Verwirrung stiften.
„Das sind Veränderungen, die hier auf große Sorge stoßen – auch in Europa auf Sorge stoßen sollten. Die georgische Regierung hat für sich daraus den Schluss gezogen, dass man nicht nur auf die Fortschritte in den internationalen Formaten – in Genf zum Beispiel - setzt, sondern dass man jetzt begonnen hat, auch in eigenen Formaten zwischen den Außenministern, nach Spielräumen zu suchen.“

Vor zwei Wochen hatten der georgische und der russische Außenminister am Rande der UN-Vollversammlung in New York miteinander gesprochen – das erste Treffen auf Ministerebene seit dem Krieg 2008. Regelmäßige Treffen seien aber nicht geplant, sagte die georgische Präsidentin auf Anfrage des Deutschlandfunks.

Zum Ende seines Besuchs in Georgien würdigte Bundespräsident Steinmeier noch einmal die Fortschritte des Landes bei der wirtschaftlichen Entwicklung und beim Aufbau eines demokratischen Staatswesens: „Wie weit Georgien in den letzten Jahren gekommen ist, insbesondere was die Europäische Union angeht. Das sind riesige Fortschritte, die dieses Land gemacht hat. Und das bleibt manchmal etwas verdeckt, durch die fortdauernden Konflikte, die es leider auch gibt.“

Der von Georgien angestrebte Beitritt zu EU und NATO spielte bei dem Besuch aber nur eine untergeordnete Rolle. Am Abend kehrte Steinmeier nach Berlin zurück.

gesendet im Deutschlandfunk am 09.10.2019