1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Schalke 04: Ist Di Matteo der Messias?

Auf Schalke hat die Hoffnung wieder einen Namen. Roberto Di Matteo soll die Knappen ab sofort zu standesgemäßen Auftritten in Liga und Champions League führen. Ob sich der Italo-Schweizer dabei besser anstellt als Ex-Coach Jens Keller, wird von der Expertenriege des Profifußballs höchst divers diskutiert. Nun mischt sich auch sportjargon.net in die Kontroverse ein.

Zugegeben: Im Vergleich zu Keller kann Di Matteo auf einige, beachtliche Erfolgserlebnisse zurückblicken. Einem Champions League-Sieg und einem Triumph im FA-Cup mit dem FC Chelsea und einem Aufstieg mit West Bromwich Albion kann der Deutsche, zumindest als Trainer, nichts entgegensetzen. Auf dem Papier lesen sich die Errungenschaften des 44-Jährigen wie das Portfolio eines angehenden Weltklasse-Managers.

Böse Zungen behaupten nun aber, besonders die Erfolge von Chelsea London im Jahre 2012 seien nicht der Verdienst von Roberto Di Matteo. „Die meisten glauben, dass es vor allem ein Triumph der erfahrenen Spieler wie Cole, Lampard, Drogba und Cech war", erklärte beispielsweise der englische Journalist Tom Adams. Somit seien die wahren Fähigkeiten des neuen Schalke-Trainers laut Adams nicht seriös zu bewerten. Andere Kritiker von der Insel gehen sogar noch weiter. So verfüge Di Matteo laut Insiderberichten in England über einen schlechten Ruf. Dies soll vor allem auf eine fehlende Eigenständigkeit und gesteigerte Abhängigkeit von seinen Co-Trainern zurückzuführen sein.

Laut Vereinsseite hat es der ehemalige italienische Nationalspieler nach seiner festen Anstellung bei Chelsea im Sommer 2012 zudem nicht geschafft, die vom Verein geforderte offensiv orientierte Spielweise umzusetzen. Trotz Einkäufen wie Eden Hazard und Oscar konnte Di Matteo nach Vereinsmeinung den alten Haudegen im Team nicht die gewünschte neue Philosophie näherbringen, sodass dies den Coach seinen Kopf kostete.

Dass diese Bewertung der damaligen Situation durch die Vereinsoberen durchaus überzogen war, zeigt ein Blick auf die Bilanz. In den zwölf Ligaspielen der Saison 2012/2013 bis zur Entlassung Di Matteos gewann Chelsea siebenmal und verlor nur zwei Partien. Schlechter lief es in der Königsklasse. In einer starken Gruppe mit unter anderem Schachtar Donezk und Juventus Turin bedeuteten zwei Pleiten gegen die Genannten den Abstieg in die Europa League und das Aus des in Schaffhausen geborenen Übungsleiters.

Bis zu seiner Kündigung verlor er in der Spielzeit 2012/2013 also nur vier Spiele (die 1:4-Pleite gegen Atletico Madrid im Europäischen Supercup ausgenommen). „Robbie", so wie ihn seine Freunde in England nannten, scheint rein objektiv beurteilt demnach das Siegen zu verstehen. Sein Scheitern also nur Resultat unglücklicher Umstände? Dieser Eindruck wurde dieser Tage ebenfalls von prominenter Seite untermauert. Mit St. Petersburgs Trainer André Villas-Boas, Roberto Mancini und seinem Ex-Spieler und derzeitigen VfB-Profi Oriol Romeu fanden ehemalige Weggefährten nur positive Worte für Di Matteo. Ebenso bezeichnete Alfred Draxler, stellvertretender Chefredakteur der BILD-Zeitung, die Verpflichtung von Roberto Di Matteo für den FC Schalke 04 als „größten Coup seit der Unterschrift von Pep Guardiola beim FC Bayern".

Rein wörtlich genommen mag diese Aussage stimmen. Wann unterschreibt schon ein Champions-League-Sieger als Trainer in der Bundesliga? Trotzdem: Das Recht tatsächlich mit dem spanischen Fußball-Gelehrten in einem Atemzug genannt zu werden, muss sich jedoch auch Di Matteo erst verdienen.

Einen ersten Schritt dorthin kann er schon in dieser Saison tun. Beispielsweise mit der Stabilisation der Schalker Abwehr und einem Husarenritt in die Champions League-Ränge. Alles andere wird ihm auch in Gelsenkirchen als Versagen ausgelegt werden und das kann sich im Ruhrpott derzeit niemand leisten. Am „Projekt Di Matteo" hängt diesmal auch der Job von Manager Horst Heldt, der in vier Jahren seit 2010 weder in Felix Magath noch in Huub Stevens oder zuletzt Jens Keller den richtigen Coach für ein langfristig erfolgreiches Arbeiten fand.

Roberto Di Matteo muss nun gegenüber der Öffentlichkeit zum einen den Nachweis über seine eigene Qualität als Trainer erbringen und zum anderen durch schnelle Erfolge Heldts Position im Verein stärken, die einen weiteren Trainerwechsel wohl nicht verkraften würde. Glück auf!

Zum Original