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Eintracht Frankfurt: Der Felix oder Herr Hildebrand?

Die Knöchelverletzung von Eintracht Frankfurts Keeper Kevin Trapp, die er sich im Derby gegen Mainz 05 zugezogen hatte, schockte am Mittwoch die komplette Mainmetropole. Kurz nachdem Spekulationen über ein mögliches Interesse Borussia Dortmunds und anderer internationaler Spitzenclubs publik wurden, fällt der Torwart nun für drei Monate aus.

Dieser für Trapp und Coach Thomas Schaaf äußerst missliche Umstand katapultierte am heutigen Donnerstag jedoch einen allbekannten Ballfang-Veteranen zurück auf das saftige Bundesliga-Grün: Timo Hildebrand (35) steht den Hessen ab sofort bis zum Saisonende für alle Schandtaten zur Verfügung. Ob der Ex-Schalker, Ex-Ex-Hoffenheimer, Ex-Ex-Ex-Lissabonner, Ex-Ex-Ex-Ex-Valencianer und Ex-Ex-Ex-Ex-Ex-Stuttgarter aber auch in den nächsten Monaten im Kasten der Eintracht stehen wird, ist fraglich. Nummer zwei Felix Wiedwald (24) gab bis zu Hildebrands Verpflichtung auf der Torhüterposition den „Last Man Standing" und spielt wohl nicht mit dem Gedanken, diese Stellung abzugeben. sportjargon.net gibt euch eine Übersicht über beide Schlussmänner und beurteilt die Sachlage bei der SGE.

Felix Wiedwald (bisherige Vereine: MSV Duisburg, Werder Bremen):

Seit Sommer 2013 steht der gebürtige Niedersachse in Frankfurt unter Vertrag. In dieser Zeit kam er in genau drei Pflichtspielen für die Eintracht zum Einsatz. Sein Pflichtspiel-Debüt gab er im Zuge einer personellen Rochade des damaligen Trainers Armin Veh im letzten Europa League-Gruppenspiel der vergangenen Saison beim 2:0-Sieg gegen Apoel Nikosia. Dort spielte er über 90 Minuten, hatte wenig zu tun, bewahrte sein Team dennoch mit einer starken und seiner einzigen Parade vor dem Rückstand. Anschließend folgten noch die Kurzeinsätze beim 0:5 gegen Bayern München in der letzten Spielzeit und am letzten Dienstag beim 2:2 gegen Mainz. Beide Male für den verletzten Trapp eingewechselt, beide Male ohne Chance sich auszuzeichnen.

Wesentlich mehr verrät da schon seine Zeit in Duisburg über Wiedwald. Nach seinem Wechsel zum MSV 2011 erkämpfte er sich den Stammplatz im Tor des damaligen Zweitligisten gegen den zunächst gesetzten Florian Fromlowitz. Ab dem 15. Spieltag der Saison 2011/2012 war er bis zu seinem Wechsel nach Frankfurt die unangefochtene Nummer eins. Seine Bilanz liest sich dabei mittelmäßig. In 49 Zweitliga-und zwei Erstligaspielen kassierte Wiedwald 65 Tore. Das sind im Schnitt 1,32 Tore pro Spiel. Somit verfügt er aber immerhin beispielsweise über einen besseren Durchschnitt als Paderborns Keeper Lukas Kruse, der auf 1,4 Gegentore pro Spiel im Profibereich kommt und mittlerweile in der Bundesliga spielt. „Wenn man in der zweiten Liga spielen kann, kann man auch in der ersten Liga spielen.", sagte Wiedwald vor seinem Wechsel nach Frankfurt. Jetzt kann er es beweisen.

Timo Hildebrand (Bisherige Vereine: VfB Stuttgart, FC Valencia, TSG Hoffenheim, Sporting Lissabon, FC Schalke 04):

Nach seiner erfolgreichsten Zeit von 1999 bis 2007 beim VfB Stuttgart ergab sich für Hildebrand bei jedem Verein - außer beim kompletten Missverständnis in Lissabon - das gleiche Bild. Zuerst Schwierigkeiten, dann Stammkeeper. In Valenica wurde er zunächst von Torwart-Ikone Santiago Canizares und einer Rückenverletzung gehindert, gewann dann aber als Nummer eins mit starken Paraden die Copa del Rey. Ähnlich verhielt es sich auch nach seiner Rückkehr in die Bundesliga. Verletzungen machten ihm in Hoffenheim häufig zu schaffen, jedoch steckte er nicht auf und blieb bis zu seinem Abschied 2010 die Nummer eins. Bei seiner bislang letzten Station auf Schalke konkurrierte er lange sowohl mit Ralf Fährmann als auch Lars Unnerstall um die Position im Tor und ihm wurden kaum Chancen zugesprochen. Als sich beide Schlussmänner aber verletzten, schlug seine Stunde. Er empfahl sich trotz einiger Verletzungen und hütete längere Zeit das Gehäuse der Königsblauen, bis Fährmann sich zur Mitte der vergangenen Spielzeit seinen Platz an der Sonne zurückholte.

Angesichts dieses Karriere-/Leidensweges kann angenommen werden, dass Hildebrand auch eine Rolle als Nummer zwei annehmen würde. "Ich sehe meine Aufgabe darin, Felix Wiedwald zu helfen und ihn auf seinem Weg zu begleiten", sagte der 35-Jährige auf der Pressekonferenz der Eintracht am Donnerstag und bestätigt damit unsere geäußerte Vermutung. Ebenso lässt sich anhand Hildebrands Historie jedoch auch feststellen, dass er wach sein wird, sollte Wiedwald schwächeln. Seine persönliche Quote unterstreicht indes, dass der gebürtige Wormser seinem jungen Konkurrenten in nichts nachsteht. In 399 Ligapflichtspielen bei all seinen Stationen im Profibereich kommt Hildebrand auf 324 Gegentore. Dies entspricht einer Quote von 0,8 Gegentreffern pro Spiel. Wie viel diese knapp 0,5 Tore Abstand schlussendlich im Duell mit Wiedwald wert sind, wird sich zeigen. Die Erfahrung steht dennoch klar auf seiner Seite.

Da Thomas Schaaf Felix Wiedwald bereits vor dem Hildebrand-Coup sein „vollstes Vertrauen" aussprach und auch der Routinier bei der Pressekonferenz eher tiefstapelte, scheint der Youngster zunächst die neue Nummer eins der Hessen zu werden. Gegen Hildebrand sprechen zum einen die fehlende Spielpraxis, obwohl er sich zuletzt beim Karlsruher SC fit hielt, und zum anderen seine Verletzungsanfälligkeit. Sollte sich im Saisonverlauf jedoch eine Situation ergeben, in der Wiedwald überfordert wirkt oder ebenfalls ausfällt, kann sich die Eintracht auf den WM-Dritten von 2006 verlassen.

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