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Medizinische Versorgung: Spielwiese für Großinvestoren

Trotz der größtenteils einhelligen Kritik an der in erster Linie an ökonomischen Motiven ausgerichteten Versorgung in MVZ zeigten politische Maßnahmen bislang kaum Wirkung. 2012 verbot der Gesetzgeber zwar Aktiengesellschaften die Gründung von MVZ und beschränkte die Berechtigung auf bestimmte Rechtsformen. Die internationalen Finanzinvestoren reagierten jedoch umgehend. Vielfach kauften sie ganze Krankenhäuser, aus denen sich weiterhin neue MVZ gründen ließen. So übernahm im vergangenen Jahr die unter anderem von englischen und israelischen Investmentgesellschaften finanzierte Patient 21 GmbH das Heidelberger Krankenhaus Sankt Elisabeth. Auch die Gefäßklinik Dr. Berg GmbH in Blaustein bei Ulm ist in Händen eines investorenfinanzierten Startups und versucht daraus unter anderem in Stuttgart neue MVZ aufzubauen. "Finanzinvestoren verschaffen sich unter anderem über den Erwerb eines Krankenhauses die Berechtigung, bundesweit MVZ-Standorte zu gründen oder aufzukaufen", heißt es vom Landesgesundheitsministerium. Ziel seien vor allem kleine, finanziell schlecht aufgestellte Kliniken.

Konzentration auf lukrative Märkte

Eine der Kliniken, die bei der Eröffnung neuer MVZ auf die Finanzierung durch Finanzinvestoren setzte, ist die Acura Fachklinik in Albstadt. Die Investcorp aus Bahrain investierte in die Klinik und sieht darin einen "idealen Ausgangspunkt", um eine von MVZ getragene Kette von Zahnarztpraxen aufzubauen. Der deutsche, "stark fragmentierte Dentalmarkt" sei dafür sehr interessant, lässt sich der Chef der Investmentgesellschaft Investcorp, Mohammed Al Shroogi, zitieren. "Die Klinik litt unter einem erheblichen Investitionsstau", begründet die Klinik-Geschäftsführerin Anthea Mayer gegenüber Kontext die Zusammenarbeit mit den Finanzinvestoren aus Bahrain. Die Leistungen sowie auch die wirtschaftliche Lage seien dadurch heute besser als je zuvor. Die Renditeerwartung habe "keinen Einfluss auf die Entscheidung, wer wie behandelt und beraten wird", sagt Mayer. Auch die Waiblinger Zentralklinik und die schon erwähnte Klinik St. Elisabeth in Heidelberg betreiben gemeinsame zahnärztliche MVZ mit Finanzinvestoren. Die Kontext-Anfragen dazu blieben durch die Kliniken und die beteiligten Finanzinvestoren bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Das Wachstum der MVZ sei nicht grundsätzlich negativ, sagt Kai Sonntag von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Gerade junge Ärzt:innen schätzten die Möglichkeit im Angestelltenverhältnis und in Teilzeit zu arbeiten. "Problematisch sind aus unserer Sicht MVZ, wenn die Interessenlage dahinter nicht mehr klar ist." Zu große Marktmacht und Kapitalinteressen könnten die Versorgung gefährden. "Darüber hinaus kritisieren wir, wenn sich ein MVZ nur auf einen kleinen, vermeintlich lukrativen Teilbereich der Versorgung konzentriert", sagt Sonntag.

Versorgungszentren folgen hohen Einkommen
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