ERLANGEN - „Wie kann Offenheit in Erlangen gestaltet werden?“ Dieser Frage stellten sich am Mittwoch die Oberbürgermeisterkandidaten auf einer Podiumsdiskussion im Stadtarchiv. Gerade der Umgang mit Flüchtlingen und deren angemessene Unterbringung in Asylbewerberheimen war für die Kandidaten eine wichtige Aufgabenstellung für die Zukunft.
22 Zuhörer — von rund 50 Gästen — hatten vor dem
Beginn der Diskussion abgestimmt und ihre Meinung kundgetan: Welche der
anwesenden Parteien ihrer Meinung nach am ehesten für Toleranz stehe.
Mit neun Stimmen lag bei dieser Umfrage die SPD auf dem ersten Platz,
gefolgt von der Grünen Liste mit sieben Stimmen, der CSU mit drei
Stimmen, der FDP mit zwei Stimmen und den Freien Wählern mit einer
Stimme.
Für Florian Janik (SPD) ist das Ergebnis aber kein
Selbstläufer: „Wir müssen uns nichts vormachen, wir leben nicht in einer
offenen Gesellschaft. Das kann man jeden Tag erleben, nicht nur am
Mittelmeer, sondern auch hier in Erlangen“. Janik bezieht sich damit auf
die anonym verteilten Flugblätter gegen die Unterbringung der
Asylbewerber in der Schenkstraße (die EN berichteten). OB Siegfried
Balleis (CSU) sieht das Ganze um einiges entspannter. Er sei schon in
vielen Städten gewesen, keine davon sei so offen und tolerant im Geiste
und im Stadtrat wie Erlangen.
Deutlich besser geworden
Auf die Frage hin, was die
Affäre um den als „Sheriff Gnadenlos“ bekannt gewordenen Beamten im
Ausländeramt veränderte, findet Susanne Lender-Cassens (Grüne Liste),
dass es jetzt zwei Jahre später natürlich deutlich besser geworden ist:
„Damals haben sich viele Stadträte mit betroffenen Personen an die
Politik gewandt, wodurch der Skandal eben publik wurde. Heute gibt es in
Erlangen aber eine große Willkommenskultur.“ Für Bürgermeisterin
Elisabeth Preuß war eine Einstimmigkeit im Stadtrat aber nicht immer
gegeben. Gerade bei dieser Affäre gab es am Anfang schwierige
Diskussionen, Preuß habe sich damals aber gegen eine parteiliche Weisung
als letzte Entscheidungsinstanz entschieden. „Für mich war das eine
Gewissensfrage. Besonders bei dem Fall der Familientrennung habe ich wie
SPD und Grüne gestimmt, also mich gegen die Trennung entschieden. Ich
würde mir mehr Mitarbeiter im Rathaus wünschen, die öfter auf ihr
Gewissen hören“, so die FDP-Kandidatin.
Ralf H. Kohlschreiber, der
Moderator und stellvertretender Redaktionsleiter der EN, führte darauf
zum Thema Flüchtlingspolitk hin und fragte die Kandidaten, wie es mit
der Betreuung der Flüchtlinge aussieht. „Wenn es notwendig wird, muss
man etwas tun. Eine zusätzliche Stelle würde uns zwar mehr kosten, aber
das ist es auch wert“, so Florian Janik. Susanne Lender-Cassens stimme
ihrem Kollegen dabei zu, wünscht sich aber auch, dass die vorhandenen
Initiativen und Ehrenämter mehr unterstützt werden.
Zu klären
ist auch noch die Frage nach dem Wahlrecht von Migranten. „Wer in
Erlangen lebt, hier im Sportverein oder Elternbeirat ist, soll auch den
Oberbürgermeister und Stadtrat wählen dürfen“, so Preuß. Auch
Amtsinhaber Balleis teilte ihre Position: Auch wenn es auf nationaler
Ebene eine Frage des Staatsbürgerschaftsrechts ist, auf kommunaler Ebene
habe man bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Anschließend an die
Diskussion konnten die Bürger noch persönlich ihre Fragen an die
einzelnen Kandidaten stellen.
FLORIAN ECKL
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